geboren am 5. Juni 1934
erschossen am 7. Februar 1966
in der Nähe des Grenzübergangs Staaken
am Außenring zwischen Staaken (Kreis Nauen) und Berlin-Spandau
Vor Willi Block schlagen Schüsse in den Boden, doch er lässt sich nicht beirren und versucht, unter den drei Stacheldrahtrollen hindurch zu kriechen, die ihn von West-Berliner Gebiet trennen. Dabei verfängt sich seine Kleidung in der zweiten Rolle; bewegungs- und handlungsunfähig bleibt er unter dem Stacheldraht auf dem Bauch liegen.
Willi Block, geboren am 5. Juni 1934 in Berlin, erlernt den Beruf eines Bauarbeiters und dient von 1954 bis 1959 bei der Grenzpolizei der DDR. In diesen Jahren besucht er die Unteroffiziersschule, wird Panzerkommandant und ist zuletzt als Ausbilder in Wismar tätig. Er wird als Feldwebel entlassen, ist Mitglied der SED und als Mitglied einer Betriebskampfgruppe am Mauerbau 1961 aktiv beteiligt.
Interne Kenntnisse des Grenzpolizisten sind ihm bei seinen insgesamt drei Fluchtversuchen gewiss dienlich. Am 13. Januar 1962, fünf Monate nach dem Bau der Mauer, flieht er das erste Mal nach West-Berlin. Einen Monat später kehrt er in die DDR zurück, um seine Frau nachzuholen. Er wird festgenommen und kommt vergleichsweise glimpflich davon. Man steckt ihn in ein Umschulungs- und Arbeitslager. Nach sechs Wochen wird er wieder entlassen – auch auf Intervention seines offenbar einflussreichen Vaters, eines überzeugten Kommunisten. [1] Im Lager verpflichtet er sich als Geheimer Informator (GI) unter dem Decknamen »Rabe« zur Zusammenarbeit mit dem MfS. Als solcher soll er auch Berichte aus dem Rückkehrerlager Blankenfelde liefern, verweigert aber offenbar konkrete Aufträge als Spitzel. [2] Am 18. August 1962 flüchtet er das zweite Mal nach West-Berlin – und offenbart den dortigen Behörden seine Anwerbung durch das MfS, dem er auch durch Angaben über das Notaufnahmeverfahren in West-Berlin gedient habe. Beim Kammergericht Berlin wird daraufhin ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Freiheitsschutzgesetz gegen ihn eingeleitet. [3]
Als Willi Block erfährt, dass sich seine Frau von ihm scheiden lassen will, kehrt er im Dezember 1962 noch einmal in die DDR zurück. Hatte der erste Fluchtversuch für ihn noch keine rechtlichen Folgen, so gilt er nun als Verräter, wird unter dem Vorwurf der Spionage für westliche Geheimdienste verhaftet und im April 1963 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die er in Bautzen antritt. [4] Tatsächlich legt ein Vermerk des britischen Geheimdienstes BSSO (British Services Security Organisation) nahe, dass sich Willi Block im August 1962 im Notaufnahmelager Marienfelde alliierten Dienststellen als MfS-Agent offenbarte und eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Geheimdienst einging. Dass er ein »double intelligence agent«, also ein Doppelagent war, stand für die britischen Geheimdienstmitarbeiter außer Zweifel, offen ließen sie nur, ob er neben dem MfS mit den Briten oder den Amerikanern kooperierte. [5] Im November 1965 wird er vorzeitig entlassen und muss eine vom Staat zugewiesene Arbeitsstelle im Betonwerk Staaken annehmen, das sich in Grenznähe befindet. Dort kommt es häufig zu Reibereien mit seinen Vorgesetzten. [6]
Am 7. Februar 1966 betrinkt sich Willi Block während der Arbeitszeit so sehr, dass ihm die Weiterarbeit verboten wird. Von einem Arbeitskollegen wird er zuletzt gegen 15.00 Uhr auf einer Pritsche im Aufenthaltsraum schlafend gesehen. [7] Wenig später muss er sich zur abermaligen Flucht nach West-Berlin entschlossen haben. Unbemerkt überwindet er am helllichten Tag in der Nähe des Grenzübergangs zum West-Berliner Stadtteil Spandau den Hinterlandsicherungszaun und eine dort installierte Hundelaufanlage. Die Wachhunde greifen ihn nicht an. Es hat vielmehr den Anschein, als ob sie sich wie bei einem alten Bekannten über sein Auftauchen freuen. [8] Dann dringt er bis zum Kfz-Sperrgraben vor. Gegen 15.45 Uhr werden von einem Wachturm aus zwei Grenzsoldaten auf ihn aufmerksam, sie schießen ein Leuchtsignal und Sperrfeuer. Vor Willi Block schlagen Schüsse in den Boden, doch er lässt sich nicht beirren und versucht, unter den drei Stacheldrahtrollen hindurchzukriechen, die ihn von West-Berliner Gebiet trennen. Dabei verfängt sich seine Kleidung in der zweiten Rolle; bewegungs- und handlungsunfähig bleibt er unter dem Stacheldraht auf dem Bauch liegen.
Währenddessen sind auf West-Berliner Seite Zollbeamte und Polizisten eingetroffen, bald auch ein Krankenwagen. Sie versuchen, Kontakt zu dem Flüchtenden aufzunehmen. Willi Block ruft ihnen zu, er sei unverletzt. Auch nennt er den Namen seines in West-Berlin lebenden Bruders und lässt Grüße ausrichten. Auf die Bitte Willi Blocks, ihm Feuerschutz zu gewähren, erläutern sie ihm, dass er erst West-Berlin erreicht haben müsste, worauf Block antwortet: »Dann gehe ich eben ins Zuchthaus.« [9] Als auf der Ostseite immer mehr Grenzer erscheinen, die Maschinenpistolen schussbereit, laden auch die West-Polizisten ihre Waffen durch und gehen hinter Bäumen in Deckung. Mittlerweile sind auf der Westseite auch Fotoreporter vor Ort. Auf der östlichen Seite ist neben sechs weiteren Grenzposten der Kommandeur des Grenzregiments erschienen. Als Willi Block einmal die Hand hebt, schreien sie ihn an: »Liegen bleiben, keine Bewegung!« Aus der Deckung des Kfz-Sperrgrabens ruft ein Offizier dann: »Kommen Sie zurück!« Der Mann im Draht antwortet: »Ich kann nicht!«
Eine merkwürdige Situation: Unter den Augen und in Hörweite bewaffneter westlicher Polizisten, umringt von schussbereiten DDR-Grenzsoldaten, hängt Willi Block unter einer Stacheldrahtrolle fest. Einige Minuten lang geschieht nichts: Vom Westen aus kann man nicht eingreifen, Block kann weder vor noch zurück. Und der Ranghöchste unter den Grenzern, der Regimentskommandeur, scheint mit der Aufgabe überfordert, den Flüchtling aus dem Stacheldraht zu lösen und ihn festzunehmen. »Erschießt mich doch, ihr Hunde«, ruft Willi Block den Grenzern zu und versucht ein letztes Mal, sich selbst aus dem Stacheldraht zu befreien: nach vorn, in Richtung West-Berlin. [10] Er schafft nur wenige Zentimeter. Ein Kugelhagel bricht über ihn herein. Mehrere Grenzsoldaten eröffnen das Feuer, unter ihnen auch der Regimentskommandeur, der mit seiner Pistole schießt, bis das Magazin leer ist. Da seine Schüsse den Flüchtling verfehlen, ruft er nach einer Maschinenpistole. Ein Grenzer reicht ihm seine Kalaschnikow, und der Regimentskommandeur feuert aus 15 Metern auf den wehrlos am Boden Liegenden. 72 Schüsse fallen, vier Kugeln treffen Willi Block, drei davon tödlich. Die Grenzer müssen seinen Leichnam mit einer Drahtschere aus dem Stacheldraht herausschneiden, um ihn mit einem Krankenwagen ins Regiment zu bringen. Zwei Grenzsoldaten sehen auf dem Weg in ihre Unterkünfte die blutüberströmte Leiche von Willi Block auf einem LKW liegen und entschließen sich spontan zur Flucht, um nicht selbst in die Lage zu kommen, auf Flüchtende schießen zu müssen. [11] Noch in den Abendstunden desselben Tages fliehen sie gemeinsam nach West-Berlin und berichten dort über den Vorfall. In den West-Berliner Medien wird in den folgenden Tagen ausführlich über die Schüsse in Staaken berichtet. [12]
Drei Tage später informiert ein Potsdamer Staatsanwalt den Vater des Opfers, sein Sohn sei »bei einem von ihm verschuldeten Grenzdurchbruchsversuch tödlich verunglückt«, und zwingt ihn, eine Schweigeverpflichtung über die Todesumstände seines Sohnes zu unterschreiben und einer Urnenbestattung auf dem Friedhof Baumschulenweg zuzustimmen. Erst dann erhält er die persönliche Hinterlassenschaft seines Sohnes. [13] 1993 wird gegen den Stabschef, zwei Grenzposten und den Kommandeur des 34. Grenzregiments wegen versuchten Totschlags Anklage erhoben. Der Stabschef und die beiden Grenzposten werden im Januar 1995 vom Landgericht Berlin freigesprochen. Zwar haben die Richter Zweifel an ihrer Version, sie hätten lediglich Warnschüsse abgegeben bzw. bewusst daneben gezielt. Doch kann ihnen nicht nachgewiesen werden, »daß sie gezielt auf das Tatopfer geschossen oder zumindest gemeinschaftlich mit dem Todesschützen« gehandelt haben. [14] Wer letztendlich die tödlichen Schüsse abgegeben hat, kann auch in dem abgetrennten Verfahren gegen den Regimentskommandeur nicht geklärt werden, obwohl für ihn als Todesschützen eine hohe Wahrscheinlichkeit angenommen wird. Er wird zunächst wegen versuchten, auf Einspruch der Staatsanwaltschaft und nach entsprechendem Urteil des Bundesgerichtshofs wegen vollendeten Totschlags zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, als mittelbarer Täter, Mittäter oder Alleintäter. [15] Seine Vorgehensweise am Tatort, so das Landgericht Berlin, trage den »Charakter einer (versuchten) Hinrichtung«. [16]
Text: Martin Ahrends / Udo Baron / Hans-Hermann Hertle
Interne Kenntnisse des Grenzpolizisten sind ihm bei seinen insgesamt drei Fluchtversuchen gewiss dienlich. Am 13. Januar 1962, fünf Monate nach dem Bau der Mauer, flieht er das erste Mal nach West-Berlin. Einen Monat später kehrt er in die DDR zurück, um seine Frau nachzuholen. Er wird festgenommen und kommt vergleichsweise glimpflich davon. Man steckt ihn in ein Umschulungs- und Arbeitslager. Nach sechs Wochen wird er wieder entlassen – auch auf Intervention seines offenbar einflussreichen Vaters, eines überzeugten Kommunisten. [1] Im Lager verpflichtet er sich als Geheimer Informator (GI) unter dem Decknamen »Rabe« zur Zusammenarbeit mit dem MfS. Als solcher soll er auch Berichte aus dem Rückkehrerlager Blankenfelde liefern, verweigert aber offenbar konkrete Aufträge als Spitzel. [2] Am 18. August 1962 flüchtet er das zweite Mal nach West-Berlin – und offenbart den dortigen Behörden seine Anwerbung durch das MfS, dem er auch durch Angaben über das Notaufnahmeverfahren in West-Berlin gedient habe. Beim Kammergericht Berlin wird daraufhin ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Freiheitsschutzgesetz gegen ihn eingeleitet. [3]
Als Willi Block erfährt, dass sich seine Frau von ihm scheiden lassen will, kehrt er im Dezember 1962 noch einmal in die DDR zurück. Hatte der erste Fluchtversuch für ihn noch keine rechtlichen Folgen, so gilt er nun als Verräter, wird unter dem Vorwurf der Spionage für westliche Geheimdienste verhaftet und im April 1963 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die er in Bautzen antritt. [4] Tatsächlich legt ein Vermerk des britischen Geheimdienstes BSSO (British Services Security Organisation) nahe, dass sich Willi Block im August 1962 im Notaufnahmelager Marienfelde alliierten Dienststellen als MfS-Agent offenbarte und eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Geheimdienst einging. Dass er ein »double intelligence agent«, also ein Doppelagent war, stand für die britischen Geheimdienstmitarbeiter außer Zweifel, offen ließen sie nur, ob er neben dem MfS mit den Briten oder den Amerikanern kooperierte. [5] Im November 1965 wird er vorzeitig entlassen und muss eine vom Staat zugewiesene Arbeitsstelle im Betonwerk Staaken annehmen, das sich in Grenznähe befindet. Dort kommt es häufig zu Reibereien mit seinen Vorgesetzten. [6]
Am 7. Februar 1966 betrinkt sich Willi Block während der Arbeitszeit so sehr, dass ihm die Weiterarbeit verboten wird. Von einem Arbeitskollegen wird er zuletzt gegen 15.00 Uhr auf einer Pritsche im Aufenthaltsraum schlafend gesehen. [7] Wenig später muss er sich zur abermaligen Flucht nach West-Berlin entschlossen haben. Unbemerkt überwindet er am helllichten Tag in der Nähe des Grenzübergangs zum West-Berliner Stadtteil Spandau den Hinterlandsicherungszaun und eine dort installierte Hundelaufanlage. Die Wachhunde greifen ihn nicht an. Es hat vielmehr den Anschein, als ob sie sich wie bei einem alten Bekannten über sein Auftauchen freuen. [8] Dann dringt er bis zum Kfz-Sperrgraben vor. Gegen 15.45 Uhr werden von einem Wachturm aus zwei Grenzsoldaten auf ihn aufmerksam, sie schießen ein Leuchtsignal und Sperrfeuer. Vor Willi Block schlagen Schüsse in den Boden, doch er lässt sich nicht beirren und versucht, unter den drei Stacheldrahtrollen hindurchzukriechen, die ihn von West-Berliner Gebiet trennen. Dabei verfängt sich seine Kleidung in der zweiten Rolle; bewegungs- und handlungsunfähig bleibt er unter dem Stacheldraht auf dem Bauch liegen.
Währenddessen sind auf West-Berliner Seite Zollbeamte und Polizisten eingetroffen, bald auch ein Krankenwagen. Sie versuchen, Kontakt zu dem Flüchtenden aufzunehmen. Willi Block ruft ihnen zu, er sei unverletzt. Auch nennt er den Namen seines in West-Berlin lebenden Bruders und lässt Grüße ausrichten. Auf die Bitte Willi Blocks, ihm Feuerschutz zu gewähren, erläutern sie ihm, dass er erst West-Berlin erreicht haben müsste, worauf Block antwortet: »Dann gehe ich eben ins Zuchthaus.« [9] Als auf der Ostseite immer mehr Grenzer erscheinen, die Maschinenpistolen schussbereit, laden auch die West-Polizisten ihre Waffen durch und gehen hinter Bäumen in Deckung. Mittlerweile sind auf der Westseite auch Fotoreporter vor Ort. Auf der östlichen Seite ist neben sechs weiteren Grenzposten der Kommandeur des Grenzregiments erschienen. Als Willi Block einmal die Hand hebt, schreien sie ihn an: »Liegen bleiben, keine Bewegung!« Aus der Deckung des Kfz-Sperrgrabens ruft ein Offizier dann: »Kommen Sie zurück!« Der Mann im Draht antwortet: »Ich kann nicht!«
Eine merkwürdige Situation: Unter den Augen und in Hörweite bewaffneter westlicher Polizisten, umringt von schussbereiten DDR-Grenzsoldaten, hängt Willi Block unter einer Stacheldrahtrolle fest. Einige Minuten lang geschieht nichts: Vom Westen aus kann man nicht eingreifen, Block kann weder vor noch zurück. Und der Ranghöchste unter den Grenzern, der Regimentskommandeur, scheint mit der Aufgabe überfordert, den Flüchtling aus dem Stacheldraht zu lösen und ihn festzunehmen. »Erschießt mich doch, ihr Hunde«, ruft Willi Block den Grenzern zu und versucht ein letztes Mal, sich selbst aus dem Stacheldraht zu befreien: nach vorn, in Richtung West-Berlin. [10] Er schafft nur wenige Zentimeter. Ein Kugelhagel bricht über ihn herein. Mehrere Grenzsoldaten eröffnen das Feuer, unter ihnen auch der Regimentskommandeur, der mit seiner Pistole schießt, bis das Magazin leer ist. Da seine Schüsse den Flüchtling verfehlen, ruft er nach einer Maschinenpistole. Ein Grenzer reicht ihm seine Kalaschnikow, und der Regimentskommandeur feuert aus 15 Metern auf den wehrlos am Boden Liegenden. 72 Schüsse fallen, vier Kugeln treffen Willi Block, drei davon tödlich. Die Grenzer müssen seinen Leichnam mit einer Drahtschere aus dem Stacheldraht herausschneiden, um ihn mit einem Krankenwagen ins Regiment zu bringen. Zwei Grenzsoldaten sehen auf dem Weg in ihre Unterkünfte die blutüberströmte Leiche von Willi Block auf einem LKW liegen und entschließen sich spontan zur Flucht, um nicht selbst in die Lage zu kommen, auf Flüchtende schießen zu müssen. [11] Noch in den Abendstunden desselben Tages fliehen sie gemeinsam nach West-Berlin und berichten dort über den Vorfall. In den West-Berliner Medien wird in den folgenden Tagen ausführlich über die Schüsse in Staaken berichtet. [12]
Drei Tage später informiert ein Potsdamer Staatsanwalt den Vater des Opfers, sein Sohn sei »bei einem von ihm verschuldeten Grenzdurchbruchsversuch tödlich verunglückt«, und zwingt ihn, eine Schweigeverpflichtung über die Todesumstände seines Sohnes zu unterschreiben und einer Urnenbestattung auf dem Friedhof Baumschulenweg zuzustimmen. Erst dann erhält er die persönliche Hinterlassenschaft seines Sohnes. [13] 1993 wird gegen den Stabschef, zwei Grenzposten und den Kommandeur des 34. Grenzregiments wegen versuchten Totschlags Anklage erhoben. Der Stabschef und die beiden Grenzposten werden im Januar 1995 vom Landgericht Berlin freigesprochen. Zwar haben die Richter Zweifel an ihrer Version, sie hätten lediglich Warnschüsse abgegeben bzw. bewusst daneben gezielt. Doch kann ihnen nicht nachgewiesen werden, »daß sie gezielt auf das Tatopfer geschossen oder zumindest gemeinschaftlich mit dem Todesschützen« gehandelt haben. [14] Wer letztendlich die tödlichen Schüsse abgegeben hat, kann auch in dem abgetrennten Verfahren gegen den Regimentskommandeur nicht geklärt werden, obwohl für ihn als Todesschützen eine hohe Wahrscheinlichkeit angenommen wird. Er wird zunächst wegen versuchten, auf Einspruch der Staatsanwaltschaft und nach entsprechendem Urteil des Bundesgerichtshofs wegen vollendeten Totschlags zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, als mittelbarer Täter, Mittäter oder Alleintäter. [15] Seine Vorgehensweise am Tatort, so das Landgericht Berlin, trage den »Charakter einer (versuchten) Hinrichtung«. [16]
Text: Martin Ahrends / Udo Baron / Hans-Hermann Hertle
[1]
Vgl. Anklageschrift der Berliner Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht gegen Karl B., Heinz K., Hans-Jürgen S. und Dietmar H., Az. 2 Js 71 / 91, vom 21. 4. 1993, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 4, Bl. 59– 60.
[2]
Vgl. Bericht der West-Berliner Polizei vom 27.10.1992, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 3, Bl. 60– 61.
[3]
Vgl. Schlußbericht der West-Berliner Polizei vom 4.3.1966, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Beiakte, Bl. 44–50, hier Bl. 48.
[4]
Vgl. Einzel-Information Nr. 110 / 67 des MfS / ZAIG über einen verhinderten Grenzdurchbruch DDR-West im Abschnitt Staaken / Bez. Potsdam unter Anwendung der Schußwaffe mit tödlichem Ausgang, 8.2.1966, in: BStU, MfS, ZAIG Nr. 1306, Bl. 4–7.
[5]
Vgl. Note from H. T. Morgan, British Forces Post Office No. 45, 14 February 1966, in: National Archives, London-Kew., FO371 / 189232. – Wir danken Patrick Major für den Hinweis auf diesen Vermerk.
[6]
Vgl. Hannelore Strehlow, Der gefährliche Weg in die Freiheit. Fluchtversuche aus dem ehemaligen Bezirk Potsdam, Potsdam 2004, S. 56 ff.
[7]
Vgl. zum Folgenden Anklageschrift der Berliner Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht gegen Karl B., Heinz K., Hans-Jürgen S. und Dietmar H., Az. 2 Js 71 / 91, vom 21.4.1993, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 4, Bl. 59–60, sowie Urteil des Landgerichts Berlin in der Strafsache gegen Karl B., Az. 2 Js 71 / 91, vom 1.2.1995, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 5, Bl. 59a–59z, (S. 1–48). Zum Prozessverlauf vgl. auch Roman Grafe, Deutsche Gerechtigkeit. Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlsgeber, München 2004, S. 285–289.
[8]
Anklageschrift der Berliner Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht gegen Karl B., Heinz K., Hans-Jürgen S. und Dietmar H., Az. 2 Js 71 / 91, vom 21.4.1993, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 4, Bl. 60.
[9]
Ebd., Bl. 65.
[10]
Vgl. Einzel-Information Nr. 110 / 67 des MfS / ZAIG über einen verhinderten Grenzdurchbruch DDR-West im Abschnitt Staaken / Bez. Potsdam unter Anwendung der Schußwaffe mit tödlichem Ausgang, 8.2.1966, in: BStU, MfS, ZAIG Nr. 1306, Bl. 4–7; vgl. auch Vernehmung des West-Berliner Zollassistenten Manfred J. vom 14.2.1966, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Beiakte, Bl. 27–31.
[11]
Vgl. Hannelore Strehlow, Der gefährliche Weg in die Freiheit. Fluchtversuche aus dem ehemaligen Bezirk Potsdam, Potsdam 2004, S. 58.
[12]
Vgl. Der Tagesspiegel, Die Welt und Der Kurier vom 8. und 9.2.1966.
[13]
Dem Vater von Willi Block abgenötigte Erklärung vom 10.2.1966, in: BStU, Ast. Potsdam, AP 1114 / 76, Bl. 10.
[14]
Vgl. Urteil des Landgerichts Berlin in der Strafsache gegen Heinz K., Hans-Jürgen S. und Dietmar H., Az. 2 Js 71 / 91, vom 13.1.1995, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 5, Bl. 8a–8e.
[15]
Vgl. Urteil des Landgerichts Berlin in der Strafsache gegen Karl B., Az. 2 Js 71 / 91, vom 1.2.1995, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 5, Bl. 59a– 59z, (S. 1–48); Urteil des Bundesgerichtshofs in der Strafsache gegen Karl B., Az. 5 StR 494 / 95, vom 4.3.1996, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 5, Bl. 154– 163; Urteil des Landgerichts Berlin in der Strafsache gegen Karl B., Az. 2 Js 71 / 91, vom 23.4.1997, in StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 6, Bl. 181aff.
[16]
Vgl. Urteil des Landgerichts Berlin in der Strafsache gegen Karl B., Az. 2 Js 71 / 91, vom 1.2.1995, in: StA Berlin, Az. 2 Js 71 / 91, Bd. 5, S. 46.