MfS-Bericht über den Fluchtversuch und die Erschießung von Willi Block
8. Februar 1966
mfs berlinzentrale auswertungs- und informationsgruppe, major irmler
betr: verhinderung eines grenzdurchbruches ddr – west unter anwendung der schuszwaffe mit toedlichem ausgang.
am 7.2.1966, 1545 uhr, hat das im abschnitt 1 kp. grenzregiment 34 eingesetzte postenpaar gefr. (...) und sold. (...) vom b-turm heuwegsperre, beobachtet, das sich eine maennliche person aus richtung strasze 347 (staaken) in richtung staatsgrenze bewegte. diese person beruhigte den an der laufstrasse befindlichen diensthund und sprang in den vor dem kontrollstreifen verlaufenden kfz-sperrgraben. daraufhin gab das postenpaar einen kurzen feuerstosz als warnschusz in die lf xx luft ab. die maennliche person reagierte darauf nicht, begab sich auf den kontrollstreifen und bewegte sich kriechend in richtung pionier-technische anlagen. auf grund dieser tatsache wurde durch das eingesetzte postenpaar auf den grenzverletzer in einer entfernung von ca. 200 m gezieltes feuer gefeuhrt. die posten verlieszen abwechselnd den beobachtungsturm, liefen in richtung des grenzverletzers und fuehrten aus dem kurzen halt das feuer weiter. durch den posten (...) wurde der grenzverletzer aufgefordert, sich von der grenze zurueckzubewegen. daraufhin wurde durch den grenzverletzer woertlich geantwortet:
'erschieszt mich doch, ihr hunde!'
im verlaufe dieser handlungen trafen auf westlichem gebiet 2 zoellner und 2 duepo ein, die sofort ihre waffen durchluden in stellung gingen.
vorgenannte handlungen erfolgten in der zeit zwischen 1545 – 1555 uhr, nach dem durch den postenfuehrer das signal 'versuchter grenzdurchbruch' geschossen wurde, trafen der kommandeur, oberstleutnant b(...), karl und stabschef i.v., hptm. (...), gr-35, gegen 1555 uhr an der versuchten durchbruchstelle ein. der stab des grenzregimentes befindet sich nur ca. 500 m vom handlungsort entfernt. bei eingreifen des kommandeurs und stabschefs befand sich der grenzverletzer bereits in der pioniertechnischen anlage. vorher hatte der kompaniechef der 3. kp., oltn. (...), das feuer der grenzposten einstellen lassen, da er der annahme war, das der grenzverletzer verletzt ist und festgenommen werden kann. (...) forderte den grenzverletzer auf, stehen zu bleiben. dieser aufforderung leistete der grenzverletzer keine folge und bewegte sich kriechend in die pioniertechnische anlage. durch die eingesetzten posten koennte zu diesem zeitpunkt gehoert werden, wie der grenzverletzer die auf westlicher seite befindlichen zoellner und duepo ansprach, ihm feuerschutz zu gewaehren. da der grenzverletzer den wiederholten aufforderungen der auf unserem gebiet eingesetzten kraefte, stehen zu bleiben, nicht folge leistete, wurden durch den kommandeur und stabschef gezieltes feuer auf den grenzverletzer (ca. 30 – 35 m entfernung) eroeffnet, eroeffnet, in dessen ergebnis er den schuszverletzungen erlag. unmittelbar nach den ersten schuessen erschienen ein einsatzwagen der duepo am tatort, 2 rettungswagen sowie ein fahrzeug der westberliner feuerwehr. in schneller folge erschienen weitere einsatzfahrzeuge der duepo sowie zoll am tatort. insgesamt wurden ca. 30 uniformierte duepo und zollangehoerige ca. 5 m vor der sperre auf westberliner gebiet festgestellt. weiterhin erschien am tatort ein jeep der britischen mpi. diese verlieszen das fahrzeug, kamen bis unmittelbar zur staatsgrenze, luden ihre mpi durch und postierten sich in richtung ddr. am tatort erschien weiterhin ein hoeherer britischer offizier. neben den genannten personen waren ca. 20 – 30 fotografen und andere zivilpersonen an der versuchten durchbruchstelle anwesend. diese personen fuehrten ununterbrochen von allen handlungen der nva zur bergung des toten fotoaufnahmen durch. provokatorische handlungen wurden auszer den genannten 4 duepoangehoerigen und der britischen mpi durch die anwesenden personen nicht durchgefuehrt.
der F(...) des gr -34, hptm. s(...) und sein gehilfe, ufw. r(...) begaben sich gegen 1620 uhr in dies pioniertechnische anlage zur bergung der leiche, die mit dem sanka des gr-34 in das objekt staaken ueberfuehrt wurde.
nachde m der o tote geborgen war, hielten sich bis gegen 1800 uhr weitere duepo- und zollangehoerige sowie zivilisten auf westlicher seite auf. nach 1800 uhr war keine bewegung mehr festzustellen. nach aussagen des eingesetzten postenpaares uffz. (...) der ebenfalls an diesen handlungen teilnahm, soll angeblich von westberliner seite aus unsere posten beschossen worden sein. konkrete beweise dafuer gibt es bis zum gegenwaertigen stand der untersuchung nicht. es wurde lediglich de r stahlkern eines projektils in einem fensterrahmen des hauses finkenkruger weg (...) (familie (...)) sichergestellt. dieser stahlkern des projektils wurde mit vergleichsmaterial am 7.2.1966, gegen 2315 uhr der abteilung abwehr b, karlshorst, uebergeben.
ermittlungen in verbindung mit der abteilung k haben ergeben, dasz es sich bei dem am 7.2.1966 erschossenen provokateur
um den block, willi, geb. 5.6.1934 in berlin wohnhaft: staaken, torweg 166 familienstand: geschieden arbeitsstelle: veb betonwerk staaken handelt
der b. hat bereits in 2 fallen nach dem 13.8.1961 die staatsgrenze in richtung ddr – westberlin durchbrochen. der erste grenzdurchbruch erfolgte am 12.1.1962. am 17.2.1962 kehrte er als rueckkehrer im ersten durchgang aus westberlin zurueck.
am 17.8.1962 durchbrach b. erneut die staatsgrenze im abschnitt staaken. am 7.12.1962 kehrte er aus westberlin zurueck.
im verlaufe der ersten untersuchungen wurde festgestellt, dasz der b. in westberlin verrat geuebt hat und er zur weiteren bearbeitung der hauptabteilung roem 9/6 zugefuehrt wurde. im april 1963 wurde der b. wegen spionage zu 5 jahren zuchthaus verurteilt. auf grund guter fuehrung erfolgte am 13.11.1965 die vorzeitige entlassung. nach seiner rueckkehr nach staaken, begann er seine taetigkeit im veb betonwerk staaken.
am 7.2.1966 in den vormittagstunden trank der b. zusammen mit anderen kollegen auf der arbeitsstelle (...) alkohol, was dazu fuehrte das der brigadier ihm ein weiterarbeiten verbot. der b. begab sich daraufhin in den aufenthaltsraum, wo er sich auf einer pritsche schlafen legte. gegen 1520 uhr stellen kollegen fest, dasz der b. noch auf der pritsche lag und schlief.
gegen 1545 uhr betrat der brigadier den aufenthaltsraum und stellte fest, dasz der b. denselben bereits verlassen hatte und sich nicht mehr auf dem werksgelaende aufhielt.
erste untersuchungen ergaben, dasz im betrieb nichts ueber die absicht desb., die staatsgrenze zu durchbrechen, bekannt war. gespraeche in dieser richtung wurden von block nicht gefuehrt.
masznahmen:
weitere masznahmen, als die im bericht vom 7.2.1966 genannten wurden nicht eingeleitet.
leiter der unterabteilung 2. grenzbrigade abwehr (b)
gez. s(...) major
(...)
Quelle: BStU, BV Potsdam AP 1114/76, Bl. 13-15