René Gross: MfS-Information zum Fluchtversuch
23. November 1986
InformationAm 21. November 1986 um 05.04 Uhr drangen die DDR-Bürger
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MÄDER, Manfred
PKZ: 23084 4 (...)
Beruf: (...)
zuletzt: (...)
wohnhaft: (...) Berlin, 1193
Abteilung XII: (...)
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GROSS, Rene
PKZ: 010564 4 (...)
Beruf: (...)
zuletzt: (...)
wohnhaft: (...) Berlin, 1147
Abteilung XII: (...)
Bei Erreichen der Grenzmauer 75 versuchten MÄDER und GROSS, diese durch Besteigen des LKW-Aufbaues zu überwinden. Durch zwei handelnde Postenpaare der Grenztruppen der DDR wurde sofort das Feuer auf den noch fahrenden LKW sowie nach dessen Halt auf die Grenzverletzer eröffnet.
Von den Angehörigen der Grenztruppen wurden dabei insgesamt 49 Schuß aus ihren Maschinenpistolen angegeben und damit die Fortsetzung des gewaltsamen Grenzdurchbruchs unterbunden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß dabei Geschosse das Gebiet von Berlin (West) erreichten.
Beide Täter wurden durch die Schußwaffenanwendung verletzt und verstarben noch am Ereignisort.
Die Leichen beider Personen wurden zur gerichtsmedizinischen Untersuchung in das Institut für Gerichtliche Medizin der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow überführt. Die dort durchgeführte Obduktion erbrachte folgende Verletzungen:
MÄDER wurde von einem Projektil am Oberschenkel getroffen, welches die Schlagader zerriß, was durch Verbluten zum Tode führte. Die Überlebenszeit betrug nur wenige Minuten.
GROSS wurde von einem Projektil getroffen, welches sich zerlegt hatte und mehrere Wunden im Hals- und Kopfbereich herbeiführte. Todesursächlich war bei ihm die Zerreißung der Hirnbrücke zum Rückenmark durch den Projektilkern, wodurch der sofortige Tod eintrat.
Eine alkoholische Beeinflussung lag bei beiden Personen nicht vor. Ihre Leichen wurden zur Aufbewahrung in das Krankenhaus des MfS überstellt.
Der LKW, bei dem es sich um einen im Rahmen der FDJ-Initiative Berlin eingesetzten handelt, wurde geborgen, kriminaltechnisch untersucht und in ein Dienstobjekt des MfS transportiert. Bisherigen Feststellungen zufolge ist das Fahrzeug im Stadtgebiet von Berlin durch die Täter entwendet und unbefugt benutzt worden.
Da auf dem Territorium von Berlin (West) nach Abtransport der Leichen und vor der Bergung des LKW Aufklärungshandlungen der Zoll- und Polizeiorgane stattfanden, diesen aber noch
[...]
Zum Verhalten der (...) liegen keine operativ relevanten Reaktionen vor.
Mit dem Ziel der weiteren Aufklärung des Sachverhalts und Verhinderung seiner Verwertung für feindliche Angriffe gegen die DDR wurden folgende Maßnahmen eingeleitet:
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- Beobachtung beider Täter in Operativ-Vorgängen zur Aufklärung des Gesamtumfangs ihrer Handlungen und Absicherung des ehemaligen Umgangskreises durch die Kreisdienststellen Treptow und Hellersdorf;
- Operative Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zu den Angehörigen und Personen des weiteren Umgangskreises von MÄDER und GROSS, insbesondere mit dem Ziel der Feststellung der Informationsbeziehungen und –inhalte zu Personen im Operationsgebiet durch territorial und operativ zuständige Diensteinheiten der BV Berlin;
- Gewährleistung eines ständigen Kontaktes von Mitarbeitern der Beteilung IX, BV Berlin zu den Ehefrauen von MÄDER und GROSS mit dem Ziel der Einflußnahme zur Verhinderung eines die DDR schädigenden Verhaltens;
- Absicherung der Leichen sowie Absicherung und Organisierung der Maßnahmen zur kurzfristigen Durchführung der Bestattungen und entsprechender Feierlichkeiten durch die Abteilung IX, BV Berlin in Zusammenarbeit mit den zuständigen Kreisdienststellen und staatlichen Organen des Zusammenwirkens;
- Gewährleistung ständiger Informationen zu Reaktionen des Gegners im Zusammenhang mit dem Vorkommnis an die Abteilung IX, BV Berlin durch die zentralen Auswertungsorgane des MfS;
- Operativ-technische und inoffizielle Absicherung der am Vorkommnis beteiligten Kräfte der Grenztruppen der DDR durch Hauptabteilung I des MfS;
Leiter der Spezialkommission
Stüber
Major
Quelle: BStU, MfS, HA I Nr. 5795, Bl. 58-63