Todesopfer > Sprenger, Johannes

Plan des MfS zur Verschleierung der Erschießung von Johannes Sprenger

15. Mai 1974

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Vorschlag

Am 10. Mai 1974, gegen 0.40 Uhr, wurde der DDR-Bürger
    Sprenger , Johannes
    geb. am 3. Dezember 1905 in Greifenhagen
    wohnhaft: Lüttenhagen/Weitendorf, Kreis Neustrelitz
bei der Annäherung an die Staatsgrenze der DDR in Berlin-Altglienicke, in der Nähe des Hornkleepfades, durch die Schußwaffenanwendung der Grenztruppen der DDR tödlich verletzt.

[...]

Um zu verhindern, daß über seine in der BRD lebenden Familienangehörigen oder auch im Wohngebiet Gerüchte in Umlauf gesetzt werden bzw. dadurch unkontrolliert Mitteilungen an westliche Massenmedien gelangen, die zur Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik ausgenutzt werden können, wird vorgeschlagen, den Tod des Sprenger zu legendieren.

Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich:

1.

Es sind die Befragungen der mit Sprenger am 9. 4. 1974 in der Gaststätte zusammengewesenen Patienten durchzuführen, um festzustellen, ob Sprenger diesen gegenüber seine Absichten mitteilte.

2.

Auf eine Obduktion der Leiche des Sprenger zu verzichten, um zu verhindern, daß weitere Personen von diesem Sachverhalt erfahren.

3.

Der Ehefrau des Sprenger und dem als Bürgermeister tätigen Sohn ist am 17. 5. 1974 mitzuteilen, daß Sprenger am 9. 5. 1974 das Klinikum Berlin-Buch verließ und die Vermißtenanzeige bearbeitet wird.

Dadurch könnten weitere Ermittlungen zu den Familienverhältnissen, zur persönlichen Entwicklung, zu den Krankheiten von Sprenger und zu seinen Verbindungen in die BRD eingeholt und weitere Aktivitäten der Familienangehörigen zur Auffindung des Sprenger verhindert werden.

4.

Am 21. Mai 1974 der Ehefrau und dem Sohn mitzuteilen, daß Sprenger am 20. 5. 1974 in einem Waldgelände von Berlin-Buch tot aufgefunden und auf der Grundlage der mitgeführten Personalpapiere eindeutig identifiziert wurde.

Des weiteren sind die Angehörigen zu informieren, daß ärztlicherseits Tod durch Schußverletzungen festgestellt wurde und die Untersuchungen der Kriminalpolizei ergaben, daß eine Selbsttötung (Halsdurchschuß mit Handfeuerwaffe) vorliegt.

In diesem Zusammenhang muß erklärt werden, daß offenbar die Selbsttötung aus Angst vor einer unheilbaren Krankheit erfolgte. Gleichzeitig sollten die Angehörigen zum Verzicht auf eine Besichtigung des Leichnams veranlaßt werden. Im Falle, daß sie dennoch darauf bestehen, müßte eine entsprechende Leichentoilette mit Sprenger im Gerichtsmedizinischen Institut der Berliner Humboldt-Universität vorbereitet und die Angehörigen des Sprenger nach dort gebracht werden.

Die Zusammenkunft mit den Angehörigen des Sprenger am 21. Mai 1974 muß gleichzeitig genutzt werden, um sie nach möglichen Hinweisen einer Schußwaffenbeschaffung bzw. des Schußwaffenbesitzes des Sprenger zu befragen.

5.

Nach der Aussprache mit den Angehörigen des Sprenger am 21. 5. 1974 ist die Feuerbestattung durchzuführen und es sind die für die Bestattung erforderlichen Dokumente den Angehörigen auszuhändigen.

6.

Mit dem Leiter der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Neubrandenburg werden Maßnahmen zur weiteren operativen Kontrolle der Familienangehörigen und zur operativen Absicherung der Beisetzungsfeierlichkeiten vereinbart.

Leiter der Abteilung

Hähnel Oberstleutnant

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Quelle: BStU, MfS, AS 754/70, Bd. 19, Nr. 1, Bl. 88, 92-93
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