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Gerald Thiem: MfS-Bericht über den Grenzvorfall

7. August 1970

Bericht

Delikt:

Versuchter Grenzdurchbruch WB – DDR mit Anwendung der Schußwaffe mit tödlichem Ausgang

Tatort:

Grenzabschnitt des Grenzregiment 35, TWG

Tatzeit:

gegen 23.15 Uhr

Methodik:

Überwinden der Grenzmauer

Täter:

Am 7.8.1970 war die 4. Kompanie des Grenzregiment 35 in der Zeit von 21.00 Uhr bis zum 8.8.1970 05.00 Uhr zur Sicherung der Staatsgrenze im Abschnitt des Grenzregiment 35 eingesetzt.

Gegen 22.20 Uhr wurde vom Posten TWG I eine männliche Person ca 50 bis 55 Jahre auf westberliner Gebiet beobachtet, welche die eingesetzten Posten beschimpfte.

Gegen 23.15 Uhr wurde vom gleichen Posten festgestellt, daß rechts des Bahndamms TWG eine männliche Person die alte Grenzmauer feindwärts überstieg und sich in Richtung der neuen Grenzmauer bewegte.

Nach Überwinden der neuen Grenzmauer durch den Täter wurde durch die eingesetzten Grenzposten

Postenführer

Postenführer

ein Warnfeuerstoß abgegeben.

Der Täter flüchtete daraufhin nach links durch die Eisenbahnbrücke entlang der Grenzmauer. Die Grenzposten TWG I eröffneten das Feuer auf den Grenzverletzer.

Daraufhin handelten die eingesetzten Grenzposten TWG II

Postenführer

Postenführer

die ebenfalls das Feuer auf den Grenzverletzer eröffneten. Gleichzeitig wurde durch das eingesetzte Nachbarpostenpaar Puderstraße

Postenführer

Posten

auf den Grenzverletzer das Feuer eröffnet.

Auf Grund der erlittenen Verletzungen blieb der Grenzverletzer ca 80 bis 90 m links der Durchbruchstelle auf Höhe der Hundelaufanlage liegen.

Insgesamt wurden durch die angeführten Posten 180 Schuß abgegeben.

Durch die Grenzposten TWG II und dem Kdr.-Grenzsicherung wurde die Bergung des Grenzverletzers ins eigene Hinterland sofort vorgenommen.

Durch das Bergungskommando wurde festgestellt, daß der Täter vermutlich an seinen Verletzungen erlegen war.

Durch den Sankra des GR 35 wurde der Täter zum VP-Krankenhaus überführt.

Durch den Arzt wurde eingeschätzt, daß der Täter an seinen Verletzungen erlegen ist.

Durch den Mitarbeiter der Abt. IX wurde daraufhin die Überführung zum Gerichtsmedizinischen Institut in der Hanoverschen Straße veranlaßt.

Die weitere Bearbeitung wird danach die Abt. IX der BV Großberlin geführt.

Zum Zeitpunkt der genannten Handlungen wurden folgende Feststellungen auf westberliner Gebiet getroffen:

ca 3 bis 4 Min. nach Abgabe der ersten Schüsse wurde eine männliche und eine weibliche Zivilperson sowie zwei Uniformierte auf den Podest Treptower Str. festgestellt, die unser Gebiet beobachteten.

Unmittelbar danach hielten sich Treptower Str. 2 Funkstreifenwagen der Schupo und 1 Zoll-VW auf. Nach ca 2 bis 3 Min. fuhren diese ohne besondere Handlungen ins eigene Hinterland zurück.

Gegen 00.50 Uhr bis gegen 01.00 Uhr hielten sich 6 Funkstreifenwagen auf dem Bahngelände auf, deren Besatzungen ebenfalls unser Gebiet beobachteten. Handlungen wurden durch diese nicht geführt.

Während der Handlungen der Grenzposten hielten sich auf dem Podest Treptower Str. im laufenden Wechsel bis zu 20 Zivilpersonen auf, die unser Gebiet bis ca 01.45 Uhr beobachteten. Dabei wurde 00.45 Uhr an der Puderstr. eine Zivilperson sowie ein Uniformierter festgestellt, die mit Hilfe Blitzlicht vermutlich eine Grenzstreife fotografierten.

Es kann nicht eingeschätzt werden, inwieweit durch genannte westberliner Kräfte die Bergung des Täters eingesehen werden konnte.

Durch den Kdr.-Grenzsicherung wurde eingeschätzt, daß bei der Feuerführung durch die Grenzposten die Möglichkeit bestand, daß einzelne Schüsse auf westberliner Gebiet einschlugen. Am Ort der Handlungen auf westberliner Seite befinden sich keine Wohnhäuser.

Gegen 00.30 Uhr wurden die Posten TWG II, TWG I und Puderstr. sowie der Gruppenführer durch Kräfte der 3. Kompanie abgelöst.

S(...)
Unterleutnant

Quelle: BStU, MfS, AS 754/70, Bd. 1, Nr. 1, Bl. 3-5

Dokument

Gerald Thiem: MfS-Bericht über den Grenzvorfall, 7. August 1970 (PDF)

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