Heinz Schmidt: Meldung des NVA-Stadtkommandanten Poppe an Erich Honecker
29. August 1966
[...]Betr.: Schwere Grenzprovokation im Abschnitt Spandauer Schiffahrtskanal am 29.08.1966
Bezug:
Werter Genosse Honecker!
Ich melde:
Am 29.08.1966 gegen 13.30 Uhr kam es im Abschnitt Spandauer Schiffahrtskanal zu einer schweren Grenzprovokation.
Vom Westberliner Gebiet aus begab sich eine männliche Person, nur mit Badehose bekleidet, in den Spandauer Schiffahrtskanal, der in voller Breite Territorium der DDR ist.
Der Provokateur wurde durch die im Abschnitt eingesetzten Posten aufgefordert, ans Ufer zu schwimmen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach, sondern nutzte einen dort vorhandenen Brückenpfeiler aus, um unsere Posten zu täuschen.
Zur Wahrung der Souveränität und Unantastbarkeit des Territoriums und der Grenzgewässer der DDR wurde das Feuer eröffnet.
Der Provokateur, vermutlich schwer getroffen (lt. RIAS-Meldung wurde er in bedenklichem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert) wurde durch Westberliner Polizei und Zoll am Westberliner Ufer geborgen.
Abgesehen von Menschenkonzentrationen kam es zu keinen weiteren Handlungen des Gegners.
Schlußfolgerungen:
1. Die eingesetzten Grenzposten handelten entsprechend ihrem Kampfauftrag und zeigten ihre Bereitschaft, auch mit letzter Konsequenz die Unantastbarkeit der Staatsgrenze durchzusetzen.
2. Es besteht die berechtigte Annahme, daß diese Provokation von Westberlin aus gesteuert wurde. Das wird durch die schnelle Anwesenheit von Polizei, Zoll und Kräften des Roten Kreuzes bewiesen.
Maßnahmen:
1. Gefechtsmäßige Sicherung des Abschnittes durch Beziehen von Deckungen und Zurückziehen der Posten. Leitung der Handlungen an Ort und Stelle durch den Kommandeur und Stabschef des Grenzregiments.
2. Dieser Vorfall wird im Bereich der Stadtkommandantur ausgewertet mit dem Ziel, die Taktik und Handlungen zu verbessern und Schlußfolgerungen für die eigenen Truppen zu ziehen.
Poppe Generalmajor
Quelle: BArch, VA-07/8373, Bl. 125-126