MfS-Bericht über den Fluchtversuch von Eberhard Schulz
30. März 1966
[...]Bericht
über den verhinderten Grenzdurchbruch unter Anwendung der Schußwaffe am 30.03.1966 gegen 03.00 Uhr im Abschnitt der 4. Grenzkompanie des GR. 42.
Am 30.03.1966 gegen 03.03 Uhr wurde der am Tatort eingesetzte
Grenzposten
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Postenführer: Ufw. L(...), Rolf
2. Postenführer: Uffz. Schüler (...) (Uffz. Praktikum)
Posten: Gefr. (...) (Diensthundeführer)
Beim 2. Schuß in einer Entfernung von ca. 120 m nahm der Grenzposten in unmittelbarer Nähe des Signalzaunes eine Person liegen wahr.
Durch den Postenführer wurde unter ständiger Vorwärtsbewegung diese Person aufgefordert, aufzustehen und die Hände hoch zu nehmen.
Auf diese Aufforderung hin stand jedoch nicht eine Person, sondern es standen zwei Personen auf. Die zweite Person konnte bis dahin von den Grenzposten nicht gesehen werden, da sie in einer Mulde lag. Beide Personen verhielten sich äußerst provokatorisch und widerspenstig und kamen nicht allen Weisungen des Postenführers nach.
Der Grenzverletzer
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(...)
geboren am (...) 1947 in (...)
wohnhaft Rangsdorf (...)
Traktorist
beschäftigt im VEG (...)
Der 2. Täter,
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Schulze, Eberhard
ca. 20 Jahre
wohnhaft in Boddinsfelde, (...)
beschäftigt im VEG Deutsch-Wüsterhausen Betriebsteil Boddinsfelde
(Sch. trug keine Ausweispapiere bei sich. Die Angaben zu dieser Person wurden vom Täter (...) gemacht)
Durch den Postenführer wurde angewiesen, die Sicherung und Durchsuchung des Täters (...) vorzunehmen. Er selbst wollte diese Handlungen bei Schulze durchführen.
Da der Postenführer sich zu dieser Zeit noch nicht klar war, ob noch mehrere Grenzverletzer sich in unmittelbarer Nähe befanden, schoß er die Signale: "Durchbruch ins Hinterland", Eilt zur Hilfe".
Während dieser Zeit setzten die Täter ihre provokatorischen Reden und ihren passiven Widerstand fort, in dem sie die Anweisungen des Grenzpsotens nicht nachkamen.
Auf Grund dessen sah sich sich der Postenführer veranlaßt, einen Warnschuß und kurze Zeit darauf einen Warnfeuerstoß abzugeben.
Als der Täter Schulze die Hände herunternahm und in die Jacket-Tasche faßte und Anstalten zur Flucht machte, schoß der Postenführer gezieltes Feuer. Dieses Feuer wurde geführt, um einen möglichen Angriff auf den Postenführer bzw. eine Flucht zu vereiteln.
Die Täter waren beim Erkennen noch nicht auf Schuß- und Stichwaffen untersucht, so daß bei den Grenzposten auf Grund ihres Verhaltens der Verdacht bestand, daß die Täter eine Schußwaffe in Anwendung bringen würden.
Die Eskortierung und Bergung der Täter verlief ohne Zwischenfälle.
Durch den gezielten Feuerstoß des Postenführers erhielt der Schulze durch einen Kopfschuß tödliche Verletzungen. Insgesamt wurden durch den Postenführer 12 Schuß aus seiner MPi abgegeben.
Während der Zeit der Handlungen wurden vom Gegner folgende Handlungen durchgeführt:
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- auf Grund des Schießens der Gefechtsfeldbeleuchtung und Signalen die vom Duepo-Stützpunkt Rudower Wäldchen wahrgenommen wurden, erfolgte von hier eine verstärkte Beobachtung.
- des weiteren fuhr ein FSTW die Staatsgrenze im Abschnitt der Handlungenab und hielt sich in der Zeit zwischen 3.15 und 04.00 Uhr am Rudower Wäldchen auf und suchte mit seinem Scheinwerfer unser Grenzgebiet ab. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um den VW B 3253.
- Gegen 04.05 Uhr erfolgte eine durchgehende Streifenfahrt durch das Fahrzeug BC 110 ( USA ) ohne weitere Handlungen durchzuführen.
- Gegen 04.10 Uhr erschienen vier Duepo MTW, die sich ca. 2 Minuten aufhielten und dann ihre Fahrt fortsetzten.
Maßnahmen:
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1. Übergabe des Täters Schulze, Eberhard, erfolgte an die Abt. IX der BV Berlin (Hannoversche Straße).
2. Der Täter (...) wurde an die Abt. IX der BV Potsdam persönlich übergeben.
3. Weitere Untersuchung des Vorkommnisses in Verbindung mit der NVA zur weiteren Dokumentierung des Tatverlaufes.
4. Verstärkte Arbeit mit IM innerhalb der Kompanie zur Absicherung des beteiligten Personenkreises. Auswertung mit den IM aller Kategorien.
(...) Hauptmann
Quelle: BStU, MfS, AS 146/69, Bd. 8a, Bl. 160-162