Bericht der West-Berliner Polizei über den Fluchtversuch und die Erschießung von Joachim Mehr
3. Dezember 1964
Betr.: Vermutlicher Fluchtversuch von 2 NVA-Angehörigen in UniformAm 3.12.1964, gegen 02.20 Uhr, wurde durch den Zoll festgestellt, daß in Berlin-Frohnau, Utestraße, Koordinate: UU 84 6 35 9, auf dem Gebiet der SBZ, zwei kurze Feuerstöße von ca. 5 Schuß aus einer MP abgegeben wurden. Unmittelbar danach wurde ein Aufschrei gehört.
Der Zoll stellte fest, daß sich zwei NVA-Angehörige dem Grenzzaun genähert hatten, um vermutlich zu fliehen. Dabei wurden sie von ihren eigenen Leuten unter Beschuß genommen, wobei einer vermutlich getroffen und verletzt wurde. Beide NVA-Angehörigen befanden sich zu diesem Zeitpunkt zwischen dem Laufgraben und dem Grenzzaun noch auf dem Gebiet der SBZ.
Ein weiterer Versuch der NVA-Angehörigen, den Zaun zu unterkriechen wurde durch einen dritten Feuerstoß aus einer MP mit ca. 5 Schuß vereitelt. Gleichzeitig wurden noch mehrere rote Leuchtkugeln geschossen.
Einschüsse auf West-Berliner Gebiet wurden nicht festgestellt.
Gegen 02.30 Uhr meldete der Zoll diesen Vorfall dem Stpkt Fr 3.
Um 02.35 Uhr erhielt das R 298 durch die Besatzung des Stpkt Fr 3 von dem Vorfall Kenntnis.
D 29 und D 41 wurden sofort zum Tatort entsandt.
Beim Eintreffen von D 29 um 02.45 Uhr wurden die Feststellungen des Zolls wahrgenommen. Zu dieser Zeit sammelten sich ca. 20 NVA-Angehörige am Graben und holten gegen 03.05 Uhr die beiden NVA-Angehörigen im Schutze von Nebelkörpern in den Laufgraben. Während der Aktion wurden keinerlei Schüsse abgegeben. Auf West-Berliner Gebiet keine Nebelwirkung.
Eingesetzte Kräfte: D 29, D 26, D 41, D 22, D 42, D 52; ferner DRK, SHW, RVorst,
IL anwesend.
Franz. Gendarmerie und franz Rettungswagen sowie Abt. I waren am Ort.
Gegen 03.30 Uhr war die Lage wieder normal, die eingesetzten Kräfte wurden entlassen. Zeugen des Vorfalles: Besatzung des Zollfunkwagens Falter 20 und Streifenführer ZAss T(...)
Quelle: Polizeihistorische Sammlung/Der Polizeipräsident in Berlin