Protokoll der Ost-Berliner Volkspolizei über den Fluchtversuch von Otfried Reck
27. November 1962
ProtokollBetr. Grenzdurchbruch mit Schußwaffengebrauch
Am 27.11.62 , 19,15 Uhr versuchte der Tankstellenlehrling
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Otfried Reck, geb. 14.12.44 Berlin,
wohnh. Berlin N4,
nicht organisiert,
Arbeitsstelle VEB Minol
(...)
Auf Anordnung der Stadtkommandantur sind von hier nur die Fahndungsmaßnahmen nach der zweiten Person durchzuführen.
Von der 3. Grenzabteilung, Geschwister-Scholl-Str. wurden die persönlichen Sachen des R. sowie Bekleidungsstücke desselben der hiesigen Dienststelle zwecks Aushändigung an die Eltern übergeben.
Die Eltern wurden aufgesucht. Ohne ihnen die Geschehnisse mitzuteilen wurden sie über ihren Sohn befragt.
[...]
Bei dem Gespräch wies die Mutter wiederholt darauf hin, dass sie nicht glaube, dass ihr Sohn irgend etwas Unreelles gemacht habe. Zu seiner Bestrafung wegen Staatsgefährdender Propaganda und Hetze erklärte sie, daß der Staat Schuld sei und ihm sein weiteres Leben – wie auch jetzt wieder "verbaut" habe.
[...]
Da sie nähere Auskunft haben wollte, wurde sie für den 28.11.62 an das Komm. U verwiesen. Hierzu ist zu bemerken, dass es nicht angebracht erscheint, der Mutter bei ihrem Erscheinen die Effekten ihres Sohnes zu übergeben und sie über den Vorgang zu unterrichten, bis (...) genau überprüft ist, da sonst Verdunklungsgefahr besteht.
[...]
Vermerk
Die am Tatort vorgefundene Taschenlampe ist mit einer roten Glühbirne versehen und sollte von den Tätern vermutlich dazu benutzt werden, im S-Bahnschacht den Zugführer einer S-Bahn zum Halten des Zuges zu veranlassen.
F(...) der VP
Quelle: BStU, MfS, Ast I AR 289/62, Bl. 1-2