geboren am 13. April 1964
tödlich verunglückt am 13. Januar 1989
im Bereich Bösebrücke/Grenzübergang Bornholmer Straße
an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Prenzlauer Berg und Berlin-Wedding
Am Abend des 13. Januar 1989 will Ingolf Diederichs von Ost- nach West-Berlin flüchten. Mit einer selbst gebauten Leiter steigt der 24-Jährige am Bahnhof Pankow in die S-Bahn und fährt in Richtung Schönhauser Allee. In unmittelbarer Nähe des Grenzübergangs Bornholmer Straße springt Ingolf Diederichs gegen 18.30 Uhr aus dem fahrenden Zug.Ingolf Diederichs, geboren am 13. April 1964 in Wismar, lässt sich nach Abschluss der Schule zunächst zum Instandhaltungsmechaniker ausbilden. [1] Im September 1986 geht er an die Technische Universität Dresden, um Berufspädagogik mit der Fachrichtung Maschinenwesen zu studieren. Einer seiner Kommilitonen berichtet, dass Ingolf Diederichs ein strebsamer, fachlich sehr kompetenter Student gewesen sei, der das Studium unbedingt zu einem guten Ende bringen wollte. Ein guter Ingenieur, doch der Beruf eines Lehrers habe nicht seinen Stärken entsprochen. Als seine Kommilitonen das Bergfest ihres Studiums feiern, wird Ingolf Diederichs exmatrikuliert. Er habe sich dann um ein Ingenieursstudium bemüht, was aber nicht genehmigt worden sei. [2]
Am frühen Abend des 13. Januar 1989 besteigt Ingolf Diederichs mit einer aus Kinderbettstäben selbst gebauten Holzklappleiter die S-Bahn von Pankow in Richtung Schönhauser Allee. Es handelt sich um jene damals einzigartige S-Bahn-Strecke, auf welcher man als DDR-Bürger dem Westen sehr nahe kam. In Nähe der Bornholmer Straße trennten nur gut 20 Meter die Bahnreisenden von West-Berlin, der Westen schien »zum Greifen nahe«, weshalb die Mauer hier mit 5,40 Metern am höchsten war und von den Zugführern eine besonders »zügige« Durchfahrt erwartet wurde.
In unmittelbarer Nähe des Grenzübergangs Bornholmer Straße springt Ingolf Diederichs gegen 18.30 Uhr aus dem fahrenden Zug. [3] Er stürzt, bleibt an der S-Bahn hängen und wird mitgeschleift. Dabei zieht er sich schwerste Kopfverletzungen zu, an denen er unmittelbar stirbt. Ein S-Bahn-Führer bemerkt den verstümmelten Leichnam zwischen den Fern- und S-Bahn-Gleisen auf Höhe der Bösebrücke. Staatssicherheit und Grenztruppen sperren bis nach Mitternacht die Strecke zwischen Pankow und Schönhauser Allee, um die Leiche zu bergen und die Spuren zu sichern. [4]
Was den 24-Jährigen zu seinem waghalsigen Vorhaben bewogen hat, ist nicht überliefert. Die Staatssicherheit »legendiert« den Fluchtversuch als reinen Unfall. Den Angehörigen von Ingolf Diederichs soll lediglich mitgeteilt werden, er sei durch den Sturz aus einem fahrenden S-Bahn-Zug zu Tode gekommen. [5]
Um abzuklären, ob ein Fremdverschulden beim Tod des Flüchtlings vorlag, leitet die Berliner Staatsanwaltschaft Ende August 1994 ein Vorermittlungsverfahren ein, das mangels stichhaltiger Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung einen Monat später wieder eingestellt wird. [6]
Text: Martin Ahrends / Udo Baron
Am frühen Abend des 13. Januar 1989 besteigt Ingolf Diederichs mit einer aus Kinderbettstäben selbst gebauten Holzklappleiter die S-Bahn von Pankow in Richtung Schönhauser Allee. Es handelt sich um jene damals einzigartige S-Bahn-Strecke, auf welcher man als DDR-Bürger dem Westen sehr nahe kam. In Nähe der Bornholmer Straße trennten nur gut 20 Meter die Bahnreisenden von West-Berlin, der Westen schien »zum Greifen nahe«, weshalb die Mauer hier mit 5,40 Metern am höchsten war und von den Zugführern eine besonders »zügige« Durchfahrt erwartet wurde.
In unmittelbarer Nähe des Grenzübergangs Bornholmer Straße springt Ingolf Diederichs gegen 18.30 Uhr aus dem fahrenden Zug. [3] Er stürzt, bleibt an der S-Bahn hängen und wird mitgeschleift. Dabei zieht er sich schwerste Kopfverletzungen zu, an denen er unmittelbar stirbt. Ein S-Bahn-Führer bemerkt den verstümmelten Leichnam zwischen den Fern- und S-Bahn-Gleisen auf Höhe der Bösebrücke. Staatssicherheit und Grenztruppen sperren bis nach Mitternacht die Strecke zwischen Pankow und Schönhauser Allee, um die Leiche zu bergen und die Spuren zu sichern. [4]
Was den 24-Jährigen zu seinem waghalsigen Vorhaben bewogen hat, ist nicht überliefert. Die Staatssicherheit »legendiert« den Fluchtversuch als reinen Unfall. Den Angehörigen von Ingolf Diederichs soll lediglich mitgeteilt werden, er sei durch den Sturz aus einem fahrenden S-Bahn-Zug zu Tode gekommen. [5]
Um abzuklären, ob ein Fremdverschulden beim Tod des Flüchtlings vorlag, leitet die Berliner Staatsanwaltschaft Ende August 1994 ein Vorermittlungsverfahren ein, das mangels stichhaltiger Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung einen Monat später wieder eingestellt wird. [6]
Text: Martin Ahrends / Udo Baron
[1]
Vgl. Information der BVfS Berlin / Abt. IX, 14.1.1989, in: BStU, MfS, Sekr. Neiber Nr. 576, Bl. 130– 132.
[2]
Notiz über ein Telefonat von Lydia Dollmann mit einem Kommilitonen von Ingolf Diederichs, 7.6.2016, Archiv der Gedenkstätte Berliner Mauer.
[3]
Vgl. Lagebericht des Diensthabenden des MfS / HA I / Grenzkommando Mitte / Abt. Abwehr-Aufklärung, 13.1.1989, in: BStU, MfS, HA I Nr. 6061, Bl. 20.
[4]
Vgl. Rapport Nr. 13 / 89 des MfS / Zentraler Operativstab vom 13. / 14.1.1989, in: BStU, MfS, HA VII Nr. 5162, Bl. 69.
[5]
Information der BVfS Berlin / Abt. IX, 14.1.1989, in: BStU, MfS, Sekr. Neiber Nr. 576, Bl. 131.
[6]
Vgl. Verfügung der Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin, 5.10.1994, in: StA Berlin, Az. 27 AR 759 / 94, Bl. 11– 12.