Tätigkeitsbericht der West-Berliner Schutzpolizei für den Monat August 1961
Tätigkeitsbericht der West-Berliner Schutzpolizei für den Monat August 1961S 1-1/61
Berlin, den 7. September 1961
App. 2924
Vertraulich!
Verschlossen!
An den
Herrn Polizeipräsidenten in Berlin
Betr.: Tätigkeitsbericht des S für den Monat A u g u s t 1961
I. Sicherheits- und Ordnungsdienst der Schutzpolizei
1. Zusammenfassung der Entwicklung an der Sektor- und Zonengrenze bzw. in Westberlin seit dem 13.8.1961
In den frühen Morgenstunden des 13.8.1961 traten schlagartig die von der Sowjetzonen-Regierung verkündeten Maßnahmen zur Sperrung der Sektor- und Zonengrenze in Kraft.
Mit Ausnahme von zunächst 13 Sektorgrenzübergängen wurden alle weiteren Übergangsstellen in den SBS sowie die bisher für Grenzgänger aus der SBZ geöffneten 5 Zonengrenzübergänge mit Stacheldraht, Betonpfählen und sonstigem Sperrgerät unter Einsatz starker Kräfte der Vopo – teilweise auch von „Betriebskampfgruppen" – gesperrt.
Die S-Bahnzüge auf der Ringbahn verkehren im Pendelverkehr innerhalb Westberlins.
Auf der Stadtbahn ist der durchgehende Verkehr unterbrochen; die Züge beginnen und enden auf dem S-Bhf. Friedrichstr.
Alle bisherigen Grenzbahnhöfe der S-Bahn im SBS sind mit Ausnahme des S-Bhf. Friedrichstr. geschlossen.
Im U-Bahnverkehr halten die Züge im SBS nur auf dem Bhf. Friedrichstr.
Am 14.8.1961, gegen 14.30 Uhr, wurde der Sektorgrenzübergang Brandenburger Tor von Vopo gesperrt.
Am 15.8.1961, 08.00 Uhr, wurde auf Grund der Lageentwicklung für die Schutz- und BerPol „Große Alarmstufe" angeordnet, die am 20.8.1961, 24.00 Uhr, wieder aufgehoben werden konnte.
Für die EKdo und BerPol bestehen jedoch weiterhin Teilalarmstufen („E I" und „B I").
Am 16.8.1961 fand von 16.00 – 17.15 Uhr auf dem Rudolph-Wilde-Platz eine Protestkundgebung der Westberliner Bevölkerung gegen die von den sowjetzonalen Behörden getroffenen Maßnahmen statt, an der ca. 300.000 Personen teilnahmen.
Am 17.8.1961 wurden durch brit. Truppen um das sowjetische Ehrenmal in der Straße des 17. Juni Eisenpfähle eingerammt und diese mit Stacheldraht verbunden.
Am 19.8.1961 traf der amerikanische Vizepräsident Johnson in Berlin ein und fuhr nach einer Besichtigung der Sektorgrenze zum Rathaus Schöneberg.
An der gesamten Wegstrecke hatten sich etwa 500.000 und vor dem Rathaus Schöneberg weitere ca. 300.000 Personen angesammelt.
Die Fahrt durch die Stadt und die Kundgebung auf dem Rudolph-Wilde-Platz verliefen ohne Zwischenfälle. Der amerikanische Vizepräsident verließ Berlin am 21.8.1961.
Am 20.8.1961 trafen 6 Kfz-Konvois der US-Armee mit Truppenverstärkungen in Westberlin ein.
Bei der nachmittags von 4 Konvois durchgeführten Stadtrundfahrt fanden sich entlang der Wegstrecke mehrere 100.000 Westberliner zur Begrüßung ein.
Am 22.8.1961 weilte der Herr Bundeskanzler in Berlin.
Ab 23.8.1961, 00.00 Uhr, sind nur 7 Sektorgrenzübergänge geöffnet.
Für Ausländer, Angehörige des Dipl. Korps und Alliierte: Friedrich- Ecke Zimmerstr.,
für Bewohner der Bundesrepublik: Bornholmer Str. und Heinrich-Heine-Str.,
für Westberliner: Chausseestr., Invalidenstr., Oberbaumbrücke und Sonnenallee.
Am 23.8.1961 nahmen in den Nachmittagsstunden alliierte Truppen in allen Sektoren entlang der Sektorgrenze – im Bereich der PI Sp auch entlang der Zonengrenze – den Sicherungs- und Streifendienst auf.
Am 24.8.1961 wurden an den 7 Sektorgrenzübergängen auf Westberliner Seite Kontrollzelte errichtet, in denen durch Zivilbeamte der Senatsverwaltungen die aus dem SBS kommenden Personen überprüft werden.
Am 24.8.1961 wurden 14 Geschäftsstellen der SED und am 25.8.1961 5 Geschäftsstellen des FDGB sowie 8 Geschäftsstellen der FDJ polizeilich geschlossen und versiegelt.
Am 26.8.1961 wurden in den frühen Morgenstunden (gegen 08.00 Uhr) an den Fahrkartenschaltern des S-Bhf. Zoo und Westkreuz Hinweise mit folgendem Text angebracht:
„Hier Annahme und Ausgabe von Aufenthaltsgenehmigungen für Westberliner Bürger zum Betreten des Demokratischen Berlins.
Geöffnet: Von 08.00 Uhr – 22.00 Uhr".
In der Vorhalle des Bhf. Zoo kam es in den Vormittagsstunden zu Ansammlungen empörter Westberliner, die gegen die Einrichtung derartiger Passierscheinstellen Stellung nahmen.
Auf Grund der Bk/0 vom 25.8.1961 wurden die Schalter zur Ausgabe von Passierscheinen auf beiden Bahnhöfen gegen 13.30 Uhr polizeilich geschlossen.
Vom 29. – 31.8.1961 weilte der Herr Bundespräsident in Berlin. Das Besuchsprogramm verlief ohne Zwischenfälle.
Der Interzonenverkehr wurde von den sowjetzonalen Maßnahmen nicht betroffen und verlief unbehindert.
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Quelle: Polizeihistorische Sammlung des Polizeipräsidenten in Berlin