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Vertrag zwischen der Regierung der BRD und der Regierung der UdSSR über die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Gebiet der BRD, 12. Oktober 1990

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bulletin Nr. 123, 17.10.1990, S.1281-1294.



Vertrag


zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
über die Bedingungen des befristeten Aufenthalts und die Modalitäten des planmäßigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland



Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken —

ÜBERZEUGT von der Notwendigkeit, unter neuen Bedingungen zur Erhaltung von Frieden und Stabilität in Europa beizutragen,

VON DEM BESTREBEN GELEITET, die Grundlagen qualitativ neuer Beziehungen zueinander zu legen,

EINGEDENK der historischen Ereignisse, die zur Stationierung der sowjetischen Truppen in Deutschland geführt haben,

IN WÜRDIGUNG dessen, daß das deutsche Volk in freier Ausübung des Selbstbestimmungsrechts seinen Willen verwirklicht hat, die staatliche Einheit Deutschlands herzustellen, um als gleichberechtigtes und souveränes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen,

IN WÜRDIGUNG der Bedeutung, die dem Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland zukommt,

VON DEM WUNSCH GELEITET, für den befristeten Aufenthalt sowjetischer Truppen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bis zu ihrem vollständigen Abzug eine angemessene vertragliche Grundlage zu schaffen und die mit deren Reduzierung und Abzug zusammenhängenden Fragen zu regeln,

ENTSCHLOSSEN, die Sicherheitsinteressen beider Seiten zu berücksichtigen und zum Aufbau einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung in Europa beizutragen,

VON DER AUFFASSUNG GELEITET, daß die Regelung des befristeten Aufenthalts und endgültigen Abzugs der sowjetischen Truppen aus dem Aufenthaltsgebiet zu einer vertrauensbildenden Maßnahme zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zu gestalten ist, die in einer Zeit der Schaffung europäischer Sicherheitsstrukturen zur Gewährleistung von Frieden und Sicherheit in Europa beiträgt -

SIND wie folgt ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1
Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Vertrags bedeuten die Begriffe:
  1. „Sowjetische Truppen" Einheiten, Verbände und Großverbände der Streitkräfte der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und deren Verwaltung im Aufenthaltsgebiet;

  2. „Mitglieder der sowjetischen Truppen":
    1. Militärisches Personal und Zivilpersonen sowjetischer Staatsangehörigkeit, die in Truppenteilen, Einrichtungen und Betrieben der sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet beschäftigt sind;

    2. Personen sowjetischer Staatsangehörigkeit, die zur Dienstleistung bei den sich im Aufenthaltsgebiet befindlichen sowjetischen Truppen entsandt worden sind;
  3. „Familienangehörige der Mitglieder der sowjetischen Truppen":
    1. Ehegatten und minderjährige und unterhaltsberechtigte Kinder,

    2. nahe Verwandte, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen unterhaltsberechtigt sind, sofern diese Personen Staatsangehörige der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken sind;
  4. „Aufenthaltsgebiet":Das Gebiet der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nach dem Stand vom 3. Oktober 1990.Dem Aufenthaltsgebiet im Sinne dieses Vertrags gleichgestellt ist das Gebiet der folgenden Stadtbezirke von Berlin: Mitte, Friedrichshain, Prenzlauer Berg, Köpenick, Lichtenberg, Pankow, Treptow, Weißensee, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Marzahn nach dem Stand vom 3. Oktober 1990.

  5. „Bewegliches Eigentum der sowjetischen Truppen" alle sich im Eigentum der sowjetischen Truppen befindlichen Waffen, Munition, Militärgerät, Fahrzeuge, sowie alle anderen zur Ausrüstung und Versorgung der Truppen erforderlichen Güter.

  6. „Liegenschaften" die den sowjetischen Truppen auf Grund der Abkommen vom 12. März 1957 und vom 25. Juli 1957 zwischen der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zur Nutzung zur Verfügung gestellten Flächen wie Kasernenanlagen, Flugplätze, Häfen, Truppenübungsplätze, Schießplätze und andere Gebäude und Anlagen, auch soweit sie mit Mitteln der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken errichtet wurden.

Artikel 2
Allgemeine Regelungen und Verpflichtungen für die Dauer des befristeten Aufenthalts der sowjetischen Truppen



(1) Die sowjetischen Truppen sind im Aufenthaltsgebiet in den ihnen zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags zugewiesenen Liegenschaften disloziert.

(2) Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken wird ihre Truppen im Aufenthaltsgebiet einschließlich der Bewaffnung nicht mehr verstärken.

(3) Beginnend mit dem Inkrafttreten dieses Vertrags informiert die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken die Bundesrepublik Deutschland über die Gesamtstärke der sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet, aufgeschlüsselt nach militärischem Personal, Zivilpersonen und zu Dienstleistungen entsandten Personen, sowie deren Familienangehörigen. Sie wird die Bundesrepublik Deutschland anschließend regelmäßig, mindestens einmal jährlich, über den Ablauf des Abzugs unterrichten.

(4) Der befristete Aufenthalt und der planmäßige Abzug der sowjetischen Truppen erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen. Zu diesem Zweck unterstützen sich die Vertragsparteien gegenseitig und arbeiten zielstrebig zusammen. Die deutschen und sowjetischen Behörden unterstützen in jeder Weise die Aufrechterhaltung wohlwollender Beziehungen zwischen der Bevölkerung, den staatlichen Stellen und den nicht-staatlichen Organisationen der Bundesrepublik Deutschland und den sowjetischen Truppen und ihren Dienststellen und gewährleisten die geordnete, sichere und fristgemäße Durchführung dieses Vertrags sowie eine die Bevölkerung und Natur schonende Regelung des Aufenthalts und der Abwicklung des Abzugs der Truppen.

(5) Die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige achten die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland und deutsches Recht und enthalten sich jeder Einmischung in deutsche innere Angelegenheiten sowie aller Handlungen, die das normale Leben der Bevölkerung im Aufenthaltsgebiet beeinträchtigen würden. Sie respektieren und befolgen die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze und Rechtsvorschriften und enthalten sich jeglicher mit den Aufgaben und Zielen dieses Vertrags unvereinbaren Tätigkeit. Die Dienststellen der sowjetischen Truppen sind für die Einhaltung dieser Bestimmungen verantwortlich.

(6) Auf Ersuchen der zuständigen deutschen Behörden wird ein Mitglied der sowjetischen Truppen, das sich einer Verletzung der deutschen Rechtsordnung schuldig macht, aus dem Aufenthaltsgebiet abberufen.

(7) Die deutschen Behörden respektieren die Rechtsstellung der sowjetischen Truppen und enthalten sich jeglicher die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der sowjetischen Truppen erschwerender Handlungen. Sie treffen in Abstimmung mit den sowjetischen Truppen Maßnahmen, die zum Schutz und zur Sicherheit der sowjetischen Truppen, der Liegenschaften und des Eigentums erforderlich sind, einschließlich von Vorkehrungen, um rechtswidrigen Handlungen so weit wie möglich vorzubeugen.

(8) Die sowjetischen Truppen sind berechtigt, innerhalb der ihnen zugewiesenen und entsprechend gekennzeichneten Liegenschaften Bewachungsmaßnahmen gemäß den sowjetischen militärischen Vorschriften und unter Beachtung deutschen Rechts durchzuführen. Die Bewachung von Transporten erfolgt durch Mitglieder der sowjetischen Truppen im Rahmen des deutschen Rechts und im Zusammenwirken mit den zuständigen deutschen Behörden.

(9) Die sich im Aufenthaltsgebiet befindenden militärischen Mitglieder der sowjetischen Truppen tragen im Dienst in der Regel Uniform; im übrigen tragen sie Uniform nach Maßgabe der in den Streitkräften der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geltenden Regelung.

(10) Militärische Mitglieder der sowjetischen Truppen führen außerhalb der den Truppen zugewiesenen Liegenschaften Waffen und scharfe Munition nur dann mit sich, wenn sie gemäß Absätze 7 und 8 dieses Artikels mit dem Schutz und der Sicherheit der sowjetischen Truppen, der ihnen zugewiesenen Liegenschaften, ihrer Waffen- und sonstigen Gerätebestände oder von Geld- und Sachwerten beauftragt sind. Zivilpersonen der sowjetischen Truppen nach Artikel 1 Ziffer 2 führen Schußwaffen nur nach Maßgabe des deutschen Rechts.

Artikel 3
Befristeter Aufenthalt sowjetischer Truppen in Berlin



Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben über den befristeten Aufenthalt sowjetischer Truppen in dem im Sinne dieses Vertrags gleichgestellten Gebiet (Artikel 1 Ziffer 4 Satz 2) der folgenden Stadtbezirke von Berlin: Mitte, Friedrichshain, Prenzlauer Berg, Köpenick, Lichtenberg, Pankow, Treptow, Weißensee, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Marzahn nach dem Stand vom 3. Oktober 1990 („Gleichgestelltes Gebiet") folgendes Einvernehmen erzielt:

(1) Zahl und Ausrüstungsumfang der sowjetischen Truppen im gleichgestellten Gebiet werden den bisherigen Stand nicht überschreiten. Die sowjetischen Truppen werden aus dem gleichgestellten Gebiet spätestens zu dem in Artikel 4 genannten Zeitpunkt abgezogen.

(2) Die sowjetischen Truppen im gleichgestellten Gebiet übergeben die von ihnen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags nicht genutzten Liegenschaften gemäß dem in Artikel 8 Absätze 5 und 6 dieses Vertrags vorgesehenen Verfahren den deutschen Behörden.

(3) Die sowjetischen Truppen haben im Rahmen des Notwendigen freien Zutritt (vom Stadtbezirk Berlin-Mitte) zu dem außerhalb des gleichgestellten Gebiets gelegenen sowjetischen Ehrenmal im Stadtbezirk Tiergarten.

(4) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen im gleichgestellten Gebiet und ihre Familienangehörigen können die in diesem Vertrag nicht genannten Stadtbezirke Berlins zu außerdienstlichen Zwecken sichtvermerksfrei besuchen.

(5) Die sowjetischen Truppen halten im gleichgestellten Gebiet keine Manöver oder anderen Übungen ab. Bei der Lagerung und dem Transport von Waffen und Munition sowie bei Transporten und Märschen von Truppen werden zusätzlich zu den in den Artikeln 2, 6 und 11 dieses Vertrags vorgesehenen Regelungen die besonderen städtischen Gegebenheiten Im gleichgestellten Gebiet berücksichtigt.

(6) Zur Regelung praktischer Fragen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der sowjetischen Truppen im gleichgestellten Gebiet wird ein Kontaktausschuß unter Beteiligung des Senats von Berlin geschaffen.

Artikel 4
Planmäßiger Abzug der sowjetischen Truppen



(1) Der Abzug der sowjetischen Truppen beginnt mit dem Inkrafttreten dieses Vertrags und wird etappenweise spätestens bis zum Ende des Jahres 1994 beendet. Er umfaßt alle Mitglieder der sowjetischen Truppen, ihre Familienangehörigen und das bewegliche Eigentum.

Der Abzug erfolgt nach Maßgabe des Gesamtabzugsplans, der mit den deutschen Behörden abgestimmt und gemeinsam in regelmäßigen Abständen entsprechend der jeweiligen Lageentwicklung aktualisiert und detailliert wird.

(2) Zur Abwicklung des Abzugs werden beide Seiten Bevollmächtigte einsetzen, die unter Berücksichtigung der für den Abzug vereinbarten Modalitäten die erforderlichen Maßnahmen festlegen und koordinieren.

Artikel 5
Anwendung von Vereinbarungen über Rüstungskontrolle und vertrauensbildende Maßnahmen



Die Vertragsparteien stellen fest, daß für die sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet die für das Verhältnis von gastgebendem Staat und stationierten Streitkräften einschlägigen Regelungen von Rüstungskontrollvereinbarungen wie des Stockholmer KVAE-Dokuments und des maßgeblichen INF-Stationierungsländerübereinkommens vom 11. Dezember 1987 gelten (Territorialprinzip). Im Bedarfsfall wird im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Artikels eine besondere Arbeitsgruppe eingesetzt.

Artikel 6
Ausbildung der sowjetischen Truppen



(1) Die sowjetischen Truppen sind berechtigt, im Aufenthaltsgebiet Manöver, Übungen und planmäßige Ausbildung innerhalb der ihnen zugewiesenen Liegenschaften durchzuführen. Militärische Aktivitäten außerhalb der Liegenschaften oder oberhalb einer Gesamtstärke von 13.000 Mann finden nicht statt. Die Ausbildung der Luftstreitkräfte richtet sich nach den Bestimmungen des Artikels 7 dieses Vertrags.

(2) Zum Einrücken militärischer Kettenfahrzeuge aus ihren Dislozierungsorten in Übungsplätze, Übungsgelände und Schießplätze sowie für deren Verlegung zwischen Übungsplätzen, Übungsgeländen und Schießplätzen im Verlauf von Übungen und Manövern können Strecken (Kolonnenmarschwege) benutzt werden, die von der Führung der sowjetischen Truppen mit den zuständigen deutschen Behörden zu vereinbaren sind. Die Regelung für deren Benutzung ist zwei bis drei Wochen vor der Übung zu vereinbaren.

(3) Übungen der sowjetischen Truppen ab Regimentsebene sind bei den zuständigen deutschen Behörden so früh wie möglich, mindestens einen Monat vorher, anzumelden; Alarmübungen mit Verlassen der Liegenschaften werden nicht durchgeführt.

(4) Grundsätze und Einzelheiten der Durchführung von Übungen, z. B. Teilnehmerzahl, Gelände, Fahrtstrecken, Übungs- und Schießzeiten, Sicherheitszonen. Übungsarten, Umweltschutz- und andere Belange, werden gesondert vereinbart, soweit sie nicht bereits in anderen Artikeln dieses Vertrags erfaßt sind. Die sowjetischen Truppen treffen alle notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß bei der Nutzung Schäden so weit wie möglich vermieden werden.

(5) Zur Vermeidung von Unfällen bei Übungen der sowjetischen Truppen wird außer bei Schießübungen keine scharfe Munition für Waffensysteme mitgeführt. Für Schießübungen wird die benötigte Munition gesondert transportiert. Bei Schießübungen sind um und über Schießplätzen gemeinsam mit den deutschen Behörden die erforderlichen Sicherheitszonen einzurichten.

Artikel 7
Regelung für den Luftverkehr der sowjetischen Truppen



(1) Für den Luftverkehr der sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet gelten die deutschen luftrechtlichen Bestimmungen und die von den sowjetischen Luftstreitkräften angewendeten besonderen Vorschriften für die Durchführung ihrer Flüge, die auf die vorgenannten Bestimmungen abgestimmt werden. Zu diesem Zweck wird zwischen den beiderseits zuständigen Ministerien ein Ressortabkommen abgeschlossen werden.

Der Bundesminister für Verkehr legt im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Verteidigung nach Abstimmung mit den sowjetischen Stellen die Luftraumordnung fest.

Die nicht der zivilen Flugverkehrskontrolle unterliegenden Lufträume dienen vorwiegend militärischem, insbesondere sowjetischem Flugbetrieb. Östlich der westlichen Grenze des Aufenthaltsgebiets wird eine mit der sowjetischen Seite abgestimmte Abstandslinie vom Bundesminister für Verkehr festgelegt. Der Luftraum zwischen der Grenze des Aufenthaltsgebiets und dieser Abstandslinie darf von sowjetischen militärischen Luftfahrzeugen nicht beflogen werden. Ausnahmen für Flüge in Notfällen sowie einzelne Hubschrauberflüge zur Versorgung sowjetischer Bodeneinrichtungen sind nach vorheriger Anmeldung bei der zuständigen deutschen Luftraum-Koordinierungsstelle (LUKO) und nach deren Genehmigung möglich.

Für die deutsche Grenzen überschreitenden Flüge der nicht im Aufenthaltsgebiet stationierten sowjetischen militärischen Luftfahrzeuge bedarf es einer diplomatischen Freigabe. Hierfür gilt das international übliche Verfahren jährlicher Pauschalfreigaben, das durch Einzelgenehmigungen für den Bedarfsfall ergänzt wird. Diese Regelung erstreckt sich nicht auf die sowjetischen Luftfahrzeuge, die im Aufenthaltsgebiet stationiert sind. Für reguläre Flüge mit Transportflugzeugen zur Postbeförderung und in anderen Verbindungsfunktionen außer zum Transport gefährlicher Güter gilt die Pauschalfreigabe für die Gültigkeitsdauer dieses Vertrags als mit diesem Vertrag erteilt. Für diese Flüge genügt die Abgabe eines Flugplans bei der Flugsicherung.

Außerdem gewährt die deutsche Seite den sowjetischen Truppen das Recht auf die Nutzung deutscher Flugplätze im Aufenthaltsgebiet im Bedarfsfall und unter der Voraussetzung, daß die entsprechenden deutschen Behörden rechtzeitig im voraus benachrichtigt werden und ihre Genehmigung erteilt haben.

(2) Die Flüge der sowjetischen Truppen im nicht unter ziviler Flugverkehrskontrolle stehenden Luftraum werden im Rahmen eines einheitlichen Systems der Planung und Steuerung des zivilen und militärischen Flugverkehrs im Aufenthaltsgebiet auf folgende Weise abgewickelt:
  1. Die Nutzung dieses Luftraums durch die Flüge der sowjetischen Luftstreitkräfte wird auf der Grundlage der unbestrittenen deutschen Souveränität über den Luftraum von dem zuständigen sowjetischen Organ mit der in örtlicher Gemeinschaft eingerichteten deutschen Luftraum-Koordinierungsstelle (LUKO) koordiniert.

  2. In der Anfangsphase wird diese Koordination nach dem bis zum Vertragsschluß geltenden Verfahren durchgeführt. Danach wird dieses Verfahren unter Aufrechterhaltung unverminderter Sicherheit mit dem Ziel einer größeren Flexibilität in der Nutzung des Luftraums weiterentwickelt und vervollkommnet.

  3. Bei außergewöhnlichen oder unvorhersehbaren Umständen trifft die deutsche Luftraum-Koordinierungsstelle (LUKO) die endgültige Entscheidung über die Nutzung des Luftraums.

  4. Der sowjetische militärische Flugbetrieb in diesem Luftraum wird durch das vorgenannte sowjetische Organ unter sowjetischer Leitung geplant, mit der deutschen Luftraum-Koordinierungsstelle (LUKO) koordiniert und durch das sowjetische Organ im Innenverhältnis genehmigt.

  5. Die Flugverkehrskontrolle der sowjetischen militärischen Flüge im nicht unter ziviler Flugverkehrskontrolle stehenden Luftraum wird von sowjetischen Stellen auf der Grundlage der internen sowjetischen Genehmigungen durch das vorgenannte sowjetische Organ in eigener Zuständigkeit durchgeführt. Zur Verbesserung der Koordination bei der Abwicklung zivilen und militärischen Flugverkehrs können sowjetische Flüge von sowjetischem Personal auch aus gemeinsam besetzten Flugverkehrskontrollstellen geführt werden.
(3) Bis zum 31. Dezember 1991 darf tags von Montag bis Donnerstag von 07.00 bis 20.00 Uhr Ortszeit und am Freitag von 07.00 bis 15.00 Uhr Ortszeit geflogen werden. Ab 1. Januar 1992 gilt von Montag bis Donnerstag eine Flugzeit von 07.00 bis 18.00 Uhr Ortszeit und am Freitag von 07.00 bis 15.00 Uhr Ortszeit. In der Zeit zwischen dem 1. Mai und 31. Oktober darf zwischen 12.30 und 13.30 Uhr Ortszeit sowie ganzjährig nach 17.00 Uhr Ortszeit nur oberhalb 2000 Fuß über Grund geflogen werden. An Wochenenden und Feiertagen wird kein Flugbetrieb mit Schulungs- und Kampfflugzeugen sowie mit Kampfhubschraubern durchgeführt.

Nachtflüge werden nur auf im oben genannten Ressortabkommen festgelegten Flugstrecken an höchstens drei Werktagen bis spätestens 22.00 Uhr Ortszeit durchgeführt, bis zum 15. Mai 1991 jedoch bis 24.00 Uhr Ortszeit. In der Zeit vom 15. Mai bis 15. September 1991 und in den Folgejahren zwischen 15. April und 15. Oktober finden sie nicht statt. Ab 1. Januar 1992 vermindert sich die Anzahl der Nachtflugtage auf zwei Werktage. Das Nachtflugprogramm wird ein halbes Jahr im voraus abgestimmt.

Flüge unterhalb 2000 Fuß über Grund sind im allgemeinen nicht zugelassen. Flüge mit einer Mindesthöhe von 1000 Fuß über Grund werden nur auf besonderen, im oben genannten Ressortabkommen festgelegten Flugstrecken über dünn besiedelten Gebieten durchgeführt. Unterhalb 1000 Fuß über Grund darf nur über im oben genannten Ressortabkommen besonders festgelegten Truppenübungsplätzen geflogen werden. Diese Beschränkungen gelten nicht für die Start- und Landephasen.

Überschallflüge finden nur als einzeln genehmigte Werkstattflüge statt. Sie sind nur oberhalb von 36.000 Fuß im Horizontalflug und nach Möglichkeit nur über See zulässig. Bis zum 31. Dezember 1991 können solche Flüge zwischen 09.00 und 12.00 Uhr Ortszeit an zwei beliebigen Tagen von Montag bis einschließlich Freitag durchgeführt werden. Ab 1. Januar 1992 steht hierfür ein Werktag in der Woche zur Verfügung.

(4) Die Untersuchung von Zwischenfällen, die mit der Nutzung des Luftraums verbunden sind, und an denen die sowjetischen Truppen und die deutsche Seite beteiligt sind, darunter auch entsprechende Flugunfälle, bei denen der deutschen Seite ein Schaden entstanden ist. wird von den zuständigen deutschen und sowjetischen Dienststellen gemeinsam durchgeführt. Sofern auf deutscher Seite kein Schaden entstanden ist, wird die Untersuchung von den sowjetischen Dienststellen durchgeführt.

Die Vertragsparteien unterstützen sich gegenseitig und stellen die erforderlichen Dokumentationen, Betriebsunterlagen und Materialien zur Verfügung.

(5) Bei allen Notfällen im Luftraum des Aufenthaltsgebiets leisten beide Seiten dem in Not geratenen Luftfahrzeug Hilfe einschließlich der Nutzung von Flugplätzen zur Notlandung.

(6) Für den Schutz der sowjetischen Truppen und ihrer Einrichtungen gegen bewaffnete Überfälle aus der Luft gelten die Absätze 7 und 8 des Artikels 2 dieses Vertrags.

Artikel 8
Nutzung der Liegenschaften



(1) Die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige nutzen die ihnen zugewiesenen Liegenschaften und führen ihre zur Erfüllung dieses Vertrags erforderlichen Maßnahmen durch, und zwar unter Einhaltung der deutschen Rechtsvorschriften, insbesondere auf den Gebieten der öffentlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie des Umweltschutzes.

(2) Die ihnen zugewiesenen Liegenschaften, die sich im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und der Länder befinden, stehen den sowjetischen Truppen unentgeltlich zur Nutzung zur Verfügung. Die Unentgeltlichkeit umfaßt nicht die Kosten für die Versorgung und Entsorgung, die Betriebskosten, die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung sowie sonstige Aufwendungen, zu denen die sowjetischen Truppen nach diesem Vertrag verpflichtet sind.

Für die Nutzung von Liegenschaften im Eigentum anderer Personen oder Rechtsträger zahlen die sowjetischen Truppen über die deutschen Behörden ein Nutzungsentgelt in Höhe des Betrags, den die deutschen Behörden dem Dritten in vergleichbaren Fällen zur Deckung ihres Bedarfs nach deutschem Recht zu leisten verpflichtet wären. Bei der Bemessung der Höhe des Nutzungsentgelts ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die sowjetischen Truppen die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung tragen, die mit 30 v. H. (vom Hundert) des am Ort der Liegenschaften üblichen Nutzungsentgelts anzusetzen sind. Die Verpflichtung, Kosten im Sinne von Satz 2 dieses Absatzes zu tragen, gilt auch für diese Liegenschaften. Diese Bestimmungen gelten auch für Liegenschaften der Post und der Bahn.

Die von der deutschen Seite zu überweisende Summe für die Instandhaltung von Versorgungseinrichtungen und Versorgungsnetzen wird jährlich nach Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Finanzen und dem Kommando der sowjetischen Truppen festgelegt.

(3) Baumaßnahmen mit Ausnahme von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten werden in Abstimmung mit den deutschen Behörden nach Maßgabe der deutschen Rechtsvorschriften durchgeführt.

Die forstliche Betreuung, einschließlich Biotop- und Artenschutz sowie Jagd und Fischerei, wird von der Bundesforstverwaltung im Einvernehmen mit den Dienststellen der sowjetischen Truppen durchgeführt.

Auf Wunsch unterrichten die deutschen Behörden die sowjetischen Truppen über größere Bautätigkeiten oder sonstige umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen, die in unmittelbarer Umgebung der Liegenschaften durchgeführt werden sollen. Die deutschen Behörden berücksichtigen bei ihren Maßnahmen die Wünsche der sowjetischen Truppen im Rahmen des deutschen Rechts.

(4) Die sowjetischen Truppen stellen sicher, daß die zuständigen deutschen Behörden und ihre Beauftragten die Liegenschaften betreten und die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Maßnahmen innerhalb der Liegenschaften durchführen können sowie die hierfür notwendigen Unterlagen erhalten. Die Erfordernisse der militärischen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und bei der Erfüllung ihrer Pflichten arbeiten die deutschen Behörden und die Dienststellen der sowjetischen Truppen auf allen Gebieten eng zusammen.

Der für die Liegenschaften zuständige Bundesminister der Finanzen und das Kommando der sowjetischen Truppen vereinbaren die Bestellung von jeweiligen Vertretern der Liegenschaften, zu deren Aufgaben es auch gehört, den erforderlichen Zutritt deutscher Behörden zu den Liegenschaften zu vermitteln.

(5) Die sowjetischen Truppen übergeben den deutschen Behörden die Liegenschaften, die Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Länder oder anderer Personen und Rechtsträger sind, sobald sie im Zusammenhang mit dem Truppenabzug nicht mehr benötigt werden. Der technische Zustand wird in bilateralen Übergabeprotokollen (Absatz 7) festgehalten.

(6) Die sowjetischen Truppen unterrichten den Bundesminister der Finanzen zwei Monate vorher über die bevorstehende Übergabe. Diese Unterrichtung enthält Angaben über die Benennung der Objekte und die Größe der jeweiligen Grundstücke, ihre örtliche Lage und den Zeitpunkt der vorgesehenen Übergabe. Zum Zweck der Übergabe erstellen die sowjetischen Truppen folgende Unterlagen:
  • eine Auflistung der Gebäude und Anlagen der Liegenschaft sowie Angaben zum Grundstück; dabei sind die von der sowjetischen Seite mit eigenen Mitteln errichteten Gebäude und Anlagen besonders zu kennzeichnen;
  • einen Lageplan der Liegenschaft mit Eintragung der Versorgungsnetze, der Systeme der Post-, Fernschreib- und Fernsprechverbindungen und der Eisenbahngleise;
  • Aufstellungen über den Gebäudebestand mit den vorhandenen liegenschaftsbezogenen Angaben (z.B. die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, Wärme und Entsorgungseinrichtungen).
Die sowjetischen Truppen geben den deutschen Behörden die Möglichkeit, die für eine Übergabe vorgesehenen Liegenschaften zu besichtigen, und ermöglichen die Ausarbeitung der für eine weitere Nutzung erforderlichen technischen Dokumentation.

(7) Die sowjetischen Truppen und die deutschen Behörden gewährleisten, daß die Übernahme der zu übergebenden Liegenschaften spätestens zwei Monate nach Eingang der Ankündigung der Übergabe beginnt und möglichst innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen wird. Die Übergabe von Liegenschaften wird durch bevollmächtigte Vertreter beider Seiten in einer noch festzulegenden Form protokolliert.

(8) Die Bestimmung des Bestandes und des Wertes sowie der Art und Weise der Verwertung der mit Mitteln der sowjetischen Seite gebauten und auf den den sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet zur Nutzung zugewiesenen Liegenschaften zurückbleibenden Vermögenswerte der sowjetischen Truppen, deren Besitzer die sowjetische Seite ist, erfolgt gemäß Artikel 7 des Abkommens zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über einige überleitende Maßnahmen vom 9. Oktober 1990 durch eine eigens einzusetzende deutsch-sowjetische Kommission.

Artikel 9
Disziplinar- und Polizeigewalt



(1) Innerhalb der Liegenschaften steht den sowjetischen Truppen grundsätzlich die Polizei- und Disziplinargewalt zu. Unbeschadet dessen steht der deutschen Polizei in Abstimmung mit den sowjetischen Truppen die Ausübung ihrer Befugnisse insoweit zu, als Rechtsgüter der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder verletzt sind.

(2) Außerhalb ihrer Liegenschaften üben die sowjetischen Truppen Disziplinargewalt über ihre Mitglieder nach Maßgabe von Vereinbarungen mit den deutschen Behörden aus. Diese Maßnahmen erfolgen in Verbindung mit den deutschen Behörden und insoweit, wie dies zur Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung in den sowjetischen Truppen erforderlich ist.

(3) Die sowjetischen Truppen und die deutsche Polizei arbeiten im gegenseitigen Interesse zusammen.

Artikel 10
Versorgung



(1) Die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige haben das Recht, unter den gleichen Bedingungen wie die deutschen Streitkräfte und die Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland die für ihre Versorgung und ihren persönlichen Verbrauch erforderlichen Waren im Rahmen des deutschen Rechts entgeltlich zu erwerben und sich die von ihnen benötigten Leistungen erbringen zu lassen.

(2) Die deutschen Behörden setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und der deutschen Rechts- und Wirtschaftsordnung für die zur Erfüllung des Vertragzwecks erforderliche kontinuierliche Versorgung der sowjetischen Truppen ein. Die Bundesrepublik Deutschland wird hierfür eine Beratungsstelle einrichten.

(3) Die sowjetischen Truppen können bis zu ihrem Abzug im Rahmen des deutschen Rechts Kaufverträge und Warentauschgeschäfte mit deutschen und ausländischen natürlichen oder juristischen Personen über Waren abschließen, die sich im Aufenthaltsgebiet befinden und die ihr Eigentum sind. Dies gilt nicht für die Lieferung oder Überlassung von Kriegswaffen und von Rüstungsgütern.

Artikel 11
Nutzung von Verkehrseinrichtungen



(1) Die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige können sich innerhalb des Aufenthaltsgebiets unter Einhaltung der deutschen Gesetze sowie im Rahmen der Bestimmungen dieses Vertrags und vorbehaltlich interner Dienstvorschriften mittels der ihnen gehörenden Verkehrsmittel auf öffentlichen Verkehrswegen frei bewegen. Die sowjetischen Truppen sind berechtigt, die öffentlichen Verkehrsmittel und -einrichtungen (zu Lande, einschließlich Eisenbahnen, zu Wasser und in der Luft) im Aufenthaltsgebiet zu den für die deutschen Streitkräfte gültigen Bedingungen zu benutzen.

2) Die deutschen Behörden erkennen die Fahrerlaubnis, die von den zuständigen sowjetischen Behörden an Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige ausgegeben werden, ohne Eignungsprüfung und Gebühren als gültig an. Führerscheine zum Führen von privaten Kraftfahrzeugen müssen mit einer deutschen Übersetzung verbunden sein.

Die Behörden der sowjetischen Truppen stellen sicher, daß Führerscheininhaber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Verkehrsvorschriften verfügen.

(3) Dienst- und Privatfahrzeuge sowjetischer Truppen müssen mit einem deutlichen Kennzeichen und einem Staatsangehörigkeitszeichen versehen sein. Die Behörden der sowjetischen Truppen vergeben die Kennzeichen für Dienst- und Privatfahrzeuge und teilen ihre Registrierung den zuständigen deutschen Behörden mit. Kennzeichen für private Fahrzeuge vergeben die sowjetischen Behörden erst dann, wenn die deutschen Behörden diese Fahrzeuge zugelassen haben; hierfür ist der Abschluß einer Versicherung nach Maßgabe des deutschen Rechts nachzuweisen (z. B. bei der Versicherungs-AG SOVAG).

Die Dienststellen der sowjetischen Truppen überwachen und haften für die Verkehrssicherheit einschließlich der lichttechnischen Anlagen der von ihnen zugelassenen Verkehrsmittel. Sie können die Kraftfahrzeuge von einer nach deutschem Recht zuständigen technischen Untersuchungsstelle überprüfen lassen. Die deutschen Behörden sind berechtigt, Kraftfahrzeugpapiere, Führerscheine und Ausweise zu überprüfen.

(4) Die sowjetischen Truppen beachten die in Deutschland gültigen Verkehrsregeln, einschließlich der Vorschriften über das Verhalten am Unfallort sowie der Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter. Die Einhaltung dieser Vorschriften überwachen die zuständigen deutschen Behörden und die Dienststellen der sowjetischen Truppen. Die Vorschriften des deutschen Rechts über die Entziehung der Fahrerlaubnis gellen uneingeschränkt für das Führen dienstlicher und privater Kraftfahrzeuge durch Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige. Der Entzug der dienstlichen und privaten Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen wird durch die militärische Kraftfahrzeug-Inspektion (Feldjäger) der sowjetischen Truppen auf Antrag der deutschen Behörden vorgenommen.

(5) Über die Bestimmung und regelmäßige Benutzung von öffentlichen Straßen für Märsche und Transporte der sowjetischen Truppen mit über 30 Kraftfahrzeugen sowie mit einer beliebigen Anzahl von Großraum- und Schwerfahrzeugen können Vereinbarungen mit den deutschen Behörden abgeschlossen werden. Solche Märsche und Transporte sind bei der zuständigen deutschen militärischen Verkehrsdienststelle frühzeitig anzumelden. Sie werden unter Berücksichtigung des deutschen Straßenverkehrsrechts durchgeführt.

Die Verlegung von Großraum- und Schwerfahrzeugen einschließlich Kettenfahrzeugen erfolgt nach Möglichkeit im Eisenbahntransport. Sofern im jeweiligen Gebiet Eisenbahnverbindungen nicht vorhanden sind, oder bei kurzen Entfernungen, können Kettenfahrzeuge auch auf Tiefladern befördert werden.

(6) Einzelheiten zum Verkehrswesen und zu Transportfragen im Aufenthaltsgebiet sind in Anlage 1 geregelt.

Artikel 12
Post und Fernmeldewesen sowie die Nutzung von Funkfrequenzen



(1) Die sowjetischen Truppen sind befugt, ihre eigenen militärischen Post- und Fernmeldeeinrichtungen sowie funkelektronische Mittel zu unterhalten und zu benutzen.

Die Bundesrepublik Deutschland gewährt der sowjetischen Seite das Recht, die Funkfrequenzen der existierenden Funkdienste der sowjetischen Truppen gemäß der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltenden Ordnung zu benutzen. Die sowjetische Seite unternimmt die möglichen Maßnahmen zur Freigabe von Funkfrequenzen auf Wunsch der Bundesrepublik Deutschland.

Um gegenseitige Funkstörungen zu vermeiden, wird die gemeinsame Nutzung der Frequenzen von Funkdiensten der sowjetischen Truppen und der Bundesrepublik Deutschland im gegenseitigen Einvernehmen geregelt.

(2) Die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige können die Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens gemäß den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Vorschriften in Anspruch nehmen.

(3) Die Bundesrepublik Deutschland betrachtet die von den sowjetischen Truppen zur Abwicklung ihres Postdienstes betriebenen Einrichtungen als Posteinrichtungen der Postverwaltung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.

(4) Die Nutzung des Post- und Fernmeldewesens sowie von Funkfrequenzen ist in Anlage 2 dieses Vertrags geregelt.

Artikel 13
Umweltschutz



Die deutschen Behörden und die Dienststellen der sowjetischen Truppen arbeiten in vollem Umfang in Fragen des Umweltschutzes und der Umweltvorsorge auf der Grundlage der deutschen Gesetze zusammen. Für diese Zwecke wird eine entsprechende Arbeitsgruppe auf Expertenebene im Rahmen der Gemischten Deutsch-Sowjetischen Kommission eingesetzt.

Artikel 14
Gesundheitswesen



(1) Für die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder und deren Familienangehörige gelten die deutschen Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen und Tieren. Innerhalb der ihnen zugewiesenen Liegenschaften können die sowjetischen Truppen ihre eigenen Vorschriften unter der Voraussetzung anwenden, daß hierdurch nicht die öffentliche Gesundheit gefährdet wird.

(2) Die sowjetischen Truppen und die deutschen Behörden unterrichten einander unverzüglich über den Verdacht, den Ausbruch, den Verlauf und das Erlöschen einer übertragbaren Krankheit sowie über die getroffenen Maßnahmen.

(3) Halten die sowjetischen Truppen zum Schutz der Gesundheit Maßnahmen in der Umgebung der ihnen zugewiesenen Liegenschaften für erforderlich, so schließen sie über ihre Durchführung Vereinbarungen mit den deutschen Behörden.

(4) Gegenstände, deren Einfuhr nach deutschen Recht unzulässig ist, können mit Genehmigung der deutschen Behörden unter der Voraussetzung, daß die öffentliche Gesundheit hierdurch nicht gefährdet wird, durch die sowjetischen Truppen eingeführt werden. Die deutschen Behörden und die sowjetischen Truppen schließen Vereinbarungen über Gruppen von Gegenständen, deren Einfuhr durch die deutschen Behörden nach dieser Bestimmung genehmigt wird.

(5) Die sowjetischen Truppen untersuchen und überwachen nach Vereinbarung mit den deutschen Behörden in eigener Verantwortung die von ihnen eingeführten Lebensmittel, Arzneimittel und anderen Gegenstände, wobei sie gewährleisten, daß die öffentliche Gesundheit durch deren Einfuhr nicht gefährdet wird.

Artikel 15
Überschreiten der deutschen Staatsgrenze



(1) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige überschreiten die deutsche Staatsgrenze des Aufenthaltsgebiets sichtvermerksfrei auf Grund von Dienstpässen oder Reisepässen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken; diese Pässe enthalten ein Lichtbild, den Namen, den Geburtsort und das Geburtsdatum sowie einen zweisprachigen (deutsch-russischen) Stempeleindruck, der die Zugehörigkeit des Paßinhabers zu den sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet bestätigt. Zum Wehrdienst einberufene Personen werden in einer Namensliste erfaßt, wobei die Anzahl dieser Personen im Dienstpaß des Truppenältesten anzugeben ist.

(2) Truppenverbände, -teile und -einheiten der sowjetischen Truppen überschreiten die deutsche Staatsgrenze des Aufenthaltsgebiets unter der Verantwortung der entsprechenden Dienstpersonen unter Vorlage ihrer Personaldokumente.

(3) Kinder im Alter bis zu 16 Jahren, die mit ihren Eltern oder anderen Personen über die deutsche Staatsgrenze reisen, überschreiten diese auf Grund einer Eintragung des Familien- und Vornamens sowie des Geburtsjahrs in deren Dienstpaß oder Reisepaß. Der Paß muß einen dem Absatz 1 entsprechenden Stempeleindruck tragen.

(4) Die deutschen Behörden und die sowjetischen Truppen vereinbaren die Grenzübergangsstellen, an denen der sichtvermerksfreie Grenzübertritt der sowjetischen Truppen, ihrer Mitglieder und deren Familienangehöriger erfolgen kann. Diese Stellen werden in einer Liste erfaßt, die bei Austausch der Ratifikationsurkunden übergeben wird. Änderungen sind einvernehmlich festzulegen.

Vertreter der sowjetischen Truppen werden an diesen Grenzübergangsstellen die deutschen Behörden bei der Paßkontrolle und der zügigen Abfertigung der Truppen, ihrer Mitglieder und deren Familienangehöriger unterstützen.

(5) Für einen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland außerhalb des Aufenthaltsgebiets gelten für die Mitglieder der sowjetischen Truppen und ihre Familienangehörigen dieselben Vorschriften wie für die Einreise und den Aufenthalt anderer sowjetischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik Deutschland. Soweit sich diese Personen bereits im Aufenthaltsgebiet befinden, wird die Aufenthaltsgenehmigung auf Antrag der sowjetischen Truppen von der jeweils örtlich zuständigen Ausländerbehörde im Aufenthaltsgebiet ausgestellt.

(6) Mitglieder der sowjetischen Truppen sowie ihre Familienangehörigen sind im Aufenthaltsgebiet von den deutschen Vorschriften auf dem Gebiet des Meldewesens mit Ausnahme der Meldungen in Beherbergungsstätten und Krankenhäusern befreit.

(7) Auf zu begründendes Ersuchen der deutschen Behörden erteilt die Verwaltung der sowjetischen Truppen Auskünfte über die Zugehörigkeit einer Person zu den im Aufenthaltsgebiet befindlichen sowjetischen Truppen.

Artikel 16
Zoll- und Steuervergünstigungen



(1) Die sowjetischen Truppen können ihre Ausrüstung und angemessene Mengen von Verpflegung, Versorgungsgütern und sonstigen Waren abgabenfrei ein- und ausführen, die zu ihrer Verwendung und zur Verwendung durch Mitglieder der sowjetischen Truppen sowie deren Familienangehörige bestimmt sind. Für diese Waren werden Zölle und Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer nicht erhoben. Die Abgabenbefreiungen werden auch für Waren gewährt, die den sowjetischen Truppen auf Grund von Verträgen geliefert werden, die sie unmittelbar mit nicht im Aufenthaltsgebiet ansässigen Personen geschlossen haben.

(2) Von den in Absatz 1 genannten Abgaben werden auch die Waren freigestellt, die sich in Zollfreigebieten oder in einem besonderen Zollverkehr befinden und zur Verwendung durch die sowjetischen Truppen sowie ihre Mitglieder und deren Familienangehörige auf Grund von Verträgen geliefert werden, die eine amtliche Beschaffungsstelle der sowjetischen Truppen mit im Aufenthaltsgebiet ansässigen Personen geschlossen hat.

(3) Für Waren, die unter den in Absatz 2 genannten Voraussetzungen aus dem zollrechtlich freien Verkehr geliefert werden, werden dem Lieferer von den deutschen Finanzbehörden die Abgabenbefreiungen oder -Vergütungen gewährt, die in den Zoll- und Verbrauchsteuergesetzen für den Fall der Ausfuhr vorgesehen sind. Bei der Lieferung versteuerten Mineralöls oder versteuerter mineralölhaltiger Waren wird dem Lieferer von den deutschen Finanzbehörden die entrichtete Mineralölsteuer vergütet.

(4) Lieferungen und sonstige Leistungen an die sowjetischen Truppen, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der sowjetischen Truppen in Auftrag gegeben werden und für den Gebrauch oder Verbrauch durch die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder oder deren Familienangehörige bestimmt sind, sind von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt auch, wenn deutsche Behörden Beschaffungen oder Baumaßnahmen für die sowjetischen Truppen durchführen. Durch die Steuerbefreiung tritt der Ausschluß vom Vorsteuerabzug nicht ein. Die Steuerbefreiung ist vom Lieferer bei der Berechnung des Preises zu berücksichtigen.

(5) Die sowjetischen Truppen unterliegen nicht der Steuerpflicht auf Grund von Sachverhalten, die ausschließlich in den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit fallen, und hinsichtlich des dieser Tätigkeit gewidmeten Vermögens. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Steuern durch eine Beteiligung der sowjetischen Truppen am deutschen Wirtschaftsverkehr und hinsichtlich des diesem Wirtschaftsverkehr gewidmeten Vermögens entstehen. Lieferungen und sonstige Leistungen der sowjetischen Truppen an ihre Mitglieder sowie an deren Familienangehörige werden nicht als Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr angesehen.

(6) Hängt die Verpflichtung zur Leistung einer Steuer vom Aufenthalt oder Wohnsitz ab, so gelten die Zeitabschnitte, in denen sich ein Mitglied der sowjetischen Truppen oder ein Familienangehöriger nur in dieser Eigenschaft im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhält, im Sinne dieser Steuerpflicht nicht als Zeiten des Aufenthalts oder des Wohnsitzes in diesem Gebiet.

(7) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen oder deren Familienangehörige sind im Aufenthaltsgebiet von jeder Steuer auf Bezüge und Einkünfte befreit, die ihnen in ihrer Eigenschaft als derartige Mitglieder oder Familienangehörige vom sowjetischen Staat gezahlt werden, sowie von jeder Steuer auf bewegliche Sachen, die den genannten Personen gehören und die sich nur deshalb im Aufenthaltsgebiet befinden, weil sich diese Personen vorübergehend dort aufhalten.

(8) Bezüge, Einkünfte und bewegliche Sachen von Mitgliedern der sowjetischen Truppen oder von deren Familienangehörigen, auf die die Regelungen der Absätze 6 oder 7 nicht anwendbar sind, unterliegen der Besteuerung nach deutschem Recht. (9) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen oder deren Familienangehörige gehen keiner steuerlichen Vergünstigungen verlustig, die auf Grund eines zwischenstaatlichen Abkommens mit der Bundesrepublik Deutschland für sie bestehen.

(10) Im Sinne der Absätze 6 bis 9 umfassen die Ausdrücke „Mitglieder der sowjetischen Truppen" und „Familienangehörige" nur Personen, die sich ausschließlich in dieser Eigenschaft im Aufenthaltsgebiet aufhaften.

(11) Die sowjetischen Truppen treffen angemessene Maßnahmen, um Mißbräuche zu verhindern, die sich aus der Einräumung von Vergünstigungen auf zoll- und steuerrechtlichem Gebiet ergeben können. Sie arbeiten mit den deutschen Behörden bei der Verhütung von Zoll- und Steuerzuwiderhandlungen eng zusammen. Die Zusammenarbeit umfaßt den einvernehmlichen Austausch von Informationen über festgestellte Zuwiderhandlungen sowie über Art und Umfang veräußerter Waren, die besonders Anlaß zu Mißbräuchen bieten können. Die sowjetischen Truppen nehmen auf Ersuchen der deutschen Behörden Prüfungen vor und teilen deren Ergebnisse mit.

(12) Verfahren und Modalitäten für die in den vorstehenden Absätzen genannten Zoll- und Steuervergünstigungen sowie Fragen der Zollkontrolle sind in Anlage 3 dieses Vertrags geregelt.

Artikel 17
Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit



(1) Die deutschen Gerichte üben die Gerichtsbarkeit über die Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige in zivil-, arbeits-, sozial- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten aus, die mit ihrer Anwesenheit im Aufenthaltsgebiet zusammenhängen. Ausgenommen sind die Rechtsbeziehungen zwischen der Militärverwaltung und den Mitgliedern der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörigen oder zwischen diesen.

(2) Bei Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit nach Absatz 1 wenden die deutschen Gerichte deutsches Recht an.

(3) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige haben vor deutschen Gerichten die gleichen Rechte und Pflichten wie deutsche Staatsangehörige.

Artikel 18
Strafgerichtsbarkeit



(1) Im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unterliegen strafbare Handlungen und Ordnungswidrigkeiten, die gegen die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder oder deren Familienangehörige gerichtet sind, sowie strafbare Handlungen und Ordnungswidrigkeiten, die von Mitgliedern der sowjetischen Truppen oder deren Familienangehörigen begangen werden, der deutschen Gerichtsbarkeit. Die Bundesrepublik Deutschland gestattet den zuständigen sowjetischen Behörden im Aufenthaltsgebiet die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit in den Fällen des Absatzes 2 dieses Artikels.

(2) Die zuständigen sowjetischen Behörden im Aufenthaltsgebiet üben die Gerichtsbarkeit aus, die ihnen nach sowjetischem Recht über die Mitglieder ihrer Truppen und deren Familienangehörige zusteht, wenn

a) sich die strafbare Handlung oder Ordnungswidrigkeit gegen die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, die sowjetischen Truppen, ihre Mitglieder oder gegen deren Familienangehörige richtet, oder

b) Mitglieder der sowjetischen Truppen strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten in Ausübung dienstlicher Obliegenheiten begehen.

(3) Die zuständigen deutschen und sowjetischen Behörden können einander ersuchen, die Gerichtsbarkeit hinsichtlich einzelner Fälle, die in den Absätzen 1 Satz 1, 2. Alternative, und 2 vorgesehen sind, zu übergeben oder zu übernehmen. Derartige Anträge werden wohlwollend geprüft.

(4) Die zuständigen deutschen Behörden und Gerichte sind verpflichtet, bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die sich gegen die sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet sowie gegen ihre Mitglieder und deren Familienangehörige richten, den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 26 des Internationalen Pakts vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Flechte zu beachten.

(5) Bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit nach diesem Vertrag wird die Todesstrafe im Aufenthaltsgebiet nicht vollstreckt; dabei werden Artikel 6 und Artikel 14 Absatz 5 des Internationalen Pakts vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte beachtet.

(6) Wenn ein Angeklagter in einem Strafverfahren, das nach diesem Vertrag von den Gerichten einer Vertragspartei gegen ihn durchgeführt wurde, freigesprochen worden ist oder wenn er in einem solchen Verfahren verurteilt worden ist und seine Strafe verbüßt oder verbüßt hat oder begnadigt worden ist, kann er nicht wegen derselben Handlung von der anderen Vertragspartei erneut vor Gericht gestellt werden. Diese Bestimmung schließt nicht aus, daß die sowjetischen Militärbehörden ein Mitglied der sowjetischen Truppen wegen einer Handlung disziplinarisch belangen, deretwegen von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland ein Strafverfahren gegen diese Person durchgeführt wurde.

(7) Die Mitglieder der sowjetischen Truppen und deren Familienangehörige haben vor den deutschen Strafgerichten dieselben Rechte und Pflichten wie deutsche Staatsangehörige oder Angehörige anderer Staaten. Dazu gehören insbesondere:
  • das Recht, nach Festnahme unverzüglich einem Richter vorgeführt zu werden,
  • das Recht, unverzüglich in einer ihm verständlichen Sprache über die gegen ihn erhobene Beschuldigung unterrichtet zu werden,
  • das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigt zu werden,
  • die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers,
  • das Recht, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen zu erwirken,
  • andere Rechte, die im Internationalen Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte und im deutschen Verfahrensrecht vorgesehen sind.

Artikel 19
Rechtshilfe



(1) Die zuständigen deutschen und sowjetischen Gerichte und Behörden gewähren sich gegenseitig Rechts- und Verwaltungshilfe sowie Unterstützung unter Beachtung ihrer Verfassung, wenn sie die Gerichtsbarkeit nach Artikel 17 und 18 dieses Vertrags ausüben oder wenn Mitglieder der sowjetischen Truppen oder deren Familienangehörige an einem Verwaltungsverfahren beteiligt sind.

(2) Grundsätze und Einzelheiten dieser gegenseitigen Rechts- und Verwaltungshilfe sowie Unterstützung sind in Anlage 4 zu diesem Vertrag geregelt.

Artikel 20
Beilegung von Streitigkeiten aus Liefer- und Leistungsverträgen mit der sowjetischen Militärverwaltung



(1) Entstehen Streitigkeiten über die Erfüllung von Verträgen, die die Verwaltung der sowjetischen Truppen mit Auftragnehmern über Lieferungen oder sonstige Leistungen für die sowjetischen Truppen im Aufenthaltsgebiet geschlossen hat, so stellen die deutschen Behörden den sowjetischen Truppen auf deren Bitte ihre guten Dienste durch gutachtliche oder vermittelnde Tätigkeit zur Regelung der Streitigkeiten zur Verfügung.

(2) Können sich die streitenden Parteien nicht einigen, so können sie oder eine von ihnen schriftlich die deutschen Behörden um Unterstützung bei der Beilegung der Streitigkeit im Verhandlungswege ersuchen. Wird der Streit nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Ersuchen an die deutschen Behörden beigelegt, so kann er den deutschen Gerichten vorgelegt werden. In Fällen, die keinen Aufschub dulden, können die streitenden Parteien auch ohne Einhaltung des genannten Verfahrens die deutschen Gerichte unmittelbar befassen.

(3) Auf Ersuchen der sowjetischen Behörden erheben die deutschen Behörden im Interesse der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken im Namen der Bundesrepublik Deutschland Klage gegen einen Auftragnehmer.

(4) Der Auftragnehmer richtet seine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, die den Rechtsstreit im Interesse der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken im eigenen Namen führt. Die Klage ist vor dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk diejenige deutsche Behörde ihren Sitz hat, die die Bundesrepublik Deutschland in dem Rechtsstreit vertritt.

(5) Für die Entscheidung über eine nach Absatz 3 oder 4 dieses Artikels erhobene Klage ist das Recht maßgebend, das die Beteiligten bei Vertragsschluß über die Lieferung oder Leistung vereinbart haben. Ist über das anzuwendende Recht keine Bestimmung getroffen worden, so gilt deutsches Recht.

(6) Die deutschen Behörden unterrichten die Verwaltung der sowjetischen Truppen über den Prozeßverlauf, konsultieren sie in jeder Lage des Verfahrens und führen den Prozeß im Einvernehmen mit ihr. Die deutschen Behörden und die Verwaltung der sowjetischen Truppen übermitteln einander rechtzeitig alle Angaben, Unterlagen und Abschriften von Schriftstücken, die für die Führung des Rechtsstreits erforderlich sind.

(7) Alle Verpflichtungen oder Rechte, die gegen oder für die Bundesrepublik Deutschland durch vollstreckbare Titel in gerichtlichen Verfahren, die sich aus diesen Streitigkeiten ergeben, festgestellt werden, gehen zu Lasten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken oder kommen dieser zugute.

(8) Kosten, die im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren entstehen und die nicht zu den vom Gericht festgesetzten Kosten gehören, werden von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken übernommen, wenn vor ihrer Entstehung die Zustimmung der sowjetischen Truppen vorgelegen hat.

(9) Streitigkeiten aus Leistungen der deutschen Eisenbahnen oder der Deutschen Bundespost werden nach dem in Artikel 25 dieses Vertrags vorgesehenen Verfahren beigelegt.

Artikel 21
Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmern bei den sowjetischen Truppen



(1) Beschäftigungsverhältnisse zwischen der Verwaltung der sowjetischen Truppen und Arbeitnehmern, die nicht zu dem in Artikel 1 Ziffern 1, 2 und 3 dieses Vertrags umschriebenen Personenkreis gehören, unterliegen dem deutschen Arbeits-, Arbeitsschutz- und Sozialversicherungsrecht

(2) Die deutschen Behörden werden die Verwaltung der sowjetischen Truppen auf deren Ersuchen hin bei der Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer sowie bei der Berechnung der Höhe und dem Verfahren der Auszahlung der Arbeitsentgelte unterstützen.

(3) Für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis und aus dem Sozialversicherungsverhältnis sind die deutschen Gerichte zuständig. Ein Arbeitnehmer richtet seine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Auf Ersuchen der sowjetischen Truppen werden Klagen gegen Arbeitnehmer von der Bundesrepublik Deutschland erhoben. Die Bundesrepublik Deutschland führt den Rechtsstreit in eigenem Namen für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Für diese Streitigkeiten ist Artikel 20 Absätze 1, 4 sowie 6 bis 8 dieses Vertrags entsprechend anwendbar.

Artikel 22
Soziale Sicherheit und Fürsorge



Auf Mitglieder der sowjetischen Truppen und auf deren Familienangehörige finden die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit und Fürsorge sowie über Sozialleistungen keine Anwendung mit Ausnahme der Rechtsvorschriften über Sozialversicherung hinsichtlich
  1. der Versicherungspflicht im Falle einer Beschäftigung außerhalb der sowjetischen Truppen,

  2. der freiwilligen Versicherung in der Sozialversicherung,

  3. der Rechte und Pflichten, die diesen Personen während eines früheren Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland oder im Aufenthaltsgebiet entstanden sind,

  4. der Pflichten, die einem Mitglied der sowjetischen Truppen oder einem Familienangehörigen eines Mitglieds als Arbeitgeber obliegen.

Artikel 23
Schäden der Vertragsparteien



(1) Schäden, die der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken oder der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der sowjetischen Truppen entstehen, werden vorbehaltlich besonderer Bestimmungen nach den folgenden Absätzen geregelt.

(2) Schäden, die einer Vertragspartei an ihren im Aufenthaltsgebiet befindlichen Vermögenswerten durch eine dienstliche Handlung oder Unterlassung oder Begebenheit entstehen, für die die andere Vertragspartei verantwortlich ist, werden von der anderen Vertragspartei ersetzt.

(3) Die Vertragsparteien schließen zur Abgeltung eines Schadens jeweils eine Vereinbarung; dabei wird das deutsche Entschädigungsrecht zugrunde gelegt. Kommt es zu keiner Einigung, wird der Schadensfall der Gemischten Deutsch-sowjetischen Kommission zur Entscheidung vorgelegt. Die verantwortliche Vertragspartei zahlt der anderen Vertragspartei die vereinbarte oder durch die Gemischte Deutsch-sowjetische Kommission festgesetzte Entschädigung.

Artikel 24
Haftung für die Schädigung Dritter



(1) Schäden, die durch dienstliche Handlungen oder Unterlassungen oder durch Begebenheiten verursacht werden, für die die sowjetischen Truppen verantwortlich sind, werden von deutschen Behörden nach den Vorschriften und Grundsätzen des deutschen Rechts abgegolten, die anwendbar wären, wenn unter sonst gleichen Umständen deutsche Streitkräfte für den Schaden verantwortlich wären.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Schäden aus Verträgen oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnissen. Absatz 1 ist auch nicht anzuwenden auf Schäden, die durch außerdienstliche Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern der sowjetischen Truppen oder deren Familienangehörigen oder durch Begebenheiten verursacht werden, für die diese Personen verantwortlich sind.

(3) Die deutsche Behörde unterrichtet die sowjetischen Truppen über jeden bei ihr eingehenden Entschädigungsantrag und ersucht sie um die Übersendung einer Erklärung zu dem dienstlichen oder außerdienstlichen Charakter der in Betracht kommenden Handlung oder Unterlassung oder Begebenheit. Sie bittet um Übersendung von Informationen und Beweismitteln zu dem angegebenen schädigenden Ereignis.

(4) Soweit die deutsche Behörde eine die Zahlungspflicht der sowjetischen Truppen anerkennende Entscheidung trifft, unterrichtet sie die sowjetischen Truppen, erfüllt die Zahlungspflicht und beantragt die Erstattung der verauslagten Leistung. Die sowjetischen Truppen veranlassen im Falle ihres Einverständnisses mit der Erstattungshöhe innerhalb von drei Monaten die Erstattung. Liegt kein Einverständnis vor, wird die Gemischte Deutsch-Sowjetische Kommission mit der Angelegenheit befaßt.

(5) Wegen eines Entschädigungsanspruchs kann eine Klage gegen die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vor deutschen Gerichten nicht erhoben werden. Doch hat der Anspruchsteller das Recht, wegen seines Anspruchs Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zu erheben, die den Rechtsstreit im eigenen Namen im Interesse der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken führt. Im Falle eines Rechtsstreits gelten Absätze 3 und 4 dieses Artikels entsprechend.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 dieses Artikels kann ein Antrag auf Entschädigung bei den deutschen Behörden eingereicht werden. Die deutsche Behörde legt den Antrag zusammen mit ihrem Bericht und einem Entschädigungsvorschlag den sowjetischen Truppen vor, die unverzüglich darüber entscheiden, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe sie eine Entschädigung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht leisten möchten. Wird eine Entschädigung nicht angeboten oder nimmt der Antragsteller die angebotene Entschädigung nicht als volle Befriedigung seines Anspruchs an, so steht es ihm frei, seinen Anspruch gegen den Schädiger auch vor den deutschen Gerichten zu verfolgen. Ist auf Grund der Entscheidung der sowjetischen Truppen oder wegen eines in der Sache gegen den Schädiger ergangenen rechtskräftigen Urteils eine Zahlung zu leisten, so wird die Zahlungspflicht durch die sowjetischen Truppen innerhalb von drei Monaten erfüllt.

(7) Das Verfahren bei der Abgeltung von Schäden nach diesem Artikel kann in einem gesonderten Abkommen geregelt werden. Darin kann auch vereinbart werden, daß die deutschen Behörden Ansprüche der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken wegen eines ihr im Aufenthaltsgebiet entstandenen Schadens für sie geltend machen und in Prozeßstandschaft für sie vor den deutschen Gerichten verfolgen sollen.

Artikel 25
Gemischte Deutsch-sowjetische Kommission



(1) Alle Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich der Auslegung oder Anwendung dieses Vertrags sind zügig und unabhängig voneinander auf dem Verhandlungsweg beizulegen.

(2) Zum Zweck der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten wird eine Gemischte Deutsch-sowjetische Kommission mit Vertretern beider Seiten gebildet, wobei die Vertragsparteien ihre Entscheidungen einvernehmlich zu treffen haben. Die Gemischte Deutsch-Sowjetische Kommission entscheidet auf der Grundlage dieses Vertrags, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Experten, insbesondere:
  • über die Kontrolle und eventuelle Modifikation der vereinbarten Abzugsphasen,
  • über die Unterstützung und Hilfeleistung der deutschen Seite, insbesondere durch Transportunternehmen sowie durch die deutschen Streitkräfte,
  • über die Auswahl der Transportarten, der Transportmittel und der Transportwege einschließlich der Sammelstellen und der Grenzübergangsstellen sowie über die Rückgabe genutzten Transportraums,
  • über den Umgang mit gefährlichen Gütern einschließlich der Anwendung einschlägiger Sicherheitsbestimmungen,
  • über Sicherheitsvorkehrungen für den befristeten Aufenthalt und den Abzug sowjetischer Truppen,
  • über Verbleib, Dokumentation und Entsorgung der Abfälle und aller nicht mehr benötigten Materialien einschließlich der Entsorgung der Liegenschaften gemäß dem deutschen Umweltrecht,
  • über Probleme des Post- und Fernmeldewesens sowie der Nutzung des Funkfrequenzspektrums,
  • über die Regulierung von Schäden, auch im Zusammenhang mit Unfällen und Katastrophen,
  • über Versorgungsleistungen,
  • über Fragen im Zusammenhang mit Beschäfligungsverhältnissen nach Artikel 21 dieses Vertrags,
  • über den Zutritt zu den Liegenschaften und über deren Übergabe,
  • über Übungs- und Ausbildungstätigkeiten,
  • über andere Fragen, deren Behandlung für notwendig erachtet wird.
(3) Die Gemischte Deutsch-Sowjetische Kommission arbeitet auf der Grundlage einer Geschäftsordnung, in der auch die Zusammensetzung der Kommission geregelt wird. Sie kann Arbeitsgruppen einsetzen.

(4) Falls die Gemischte Deutsch-Sowjetische Kommission eine Frage nicht rechtzeitig zu lösen vermag, wird diese in möglichst kurzer Zeit auf diplomatischem Wege geklärt.

Artikel 26
Anlagen



Die Anlagen
  • Verkehrswesen und Transportfragen während des befristeten Aufenthalts und beim Abzug der sowjetischen Truppen aus dem Aufenthaltsgebiet (Anlage 1)
  • Post- und Fernmeldewesen sowie die Nutzung von Funkfrequenzen (Anlage 2)
  • Verfahren und Modalitäten für Zoll- und Steuervergünstigungen sowie Fragen der Zollkontrolle (Anlage 3) und
  • Gegenseitige Unterstützung, Rechts- und Verwaltungshilfe (A n I a g e 4)
sind Bestandteil dieses Vertrags.

Artikel 27
Schlußbestimmungen



(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Moskau ausgetauscht. Dieser Vertrag tritt am Tage des Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft und wird seit dem 3. Oktober 1990 vorläufig angewendet.

(2) Dieser Vertrag bleibt in Kraft, bis die Vertragsparteien eine Vereinbarung über den Zeitpunkt seines Außerkrafttretens treffen.

GESCHEHEN zu Bonn am 12. Oktober 1990

in zwei Urschriften, jede in deutscher und russischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Für die Bundesrepublik Deutschland
Hans-Dietrich Genscher

Für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Wladislaw P. Terechow

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 123, 17.10.1990, S.1281-1294.
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