Hans-Hermann Hertle, 10. November 1989: Reaktionen der SED-Führung auf den Fall der Mauer – Politische Maßnahmen und militärische Optionen
Hans-Hermann Hertle, 10. November 1989: Reaktionen der SED-Führung auf den Fall der Mauer – Politische Maßnahmen und militärische OptionenHans-Hermann Hertle
Chronik des Mauerfalls
Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989
Ch. Links Verlag, Berlin 1999
SED-Führung: Politische Maßnahmen und militärische Optionen
Zutiefst darüber beunruhigt, daß der Massenansturm auf die Grenzübergänge ständig zunahm, hatte Wolfgang Herger noch in der Nacht zum 10. November den Diensthabenden seiner Abteilung Sicherheitsfragen angewiesen, alle Mitarbeiter zu alarmieren und in die Abteilung im ZK-Gebäude zu rufen. Gegen 1.00 Uhr morgens traf er selbst dort ein.
Unter den wenigen Anwesenden herrschte heillose Verwirrung. Die Trennlinie zwischen den feindlichen Armeen des Warschauer Paktes und der NATO war faktisch aufgehoben, die bewaffneten Organe überrumpelt und überrollt und das ausgeklügeltste Grenzregime der Welt ausgehebelt. Um das Durcheinander zu beseitigen, nahm sich Herger als dringendster Aufgabe der Wiederherstellung der zentralen, koordinierten Führungsstruktur und Befehlsgewalt an. In Abstimmung mit Krenz berief er für 8.00 Uhr früh einen Krisenstab in das Arbeitszimmer des Generalsekretärs ein. Einen großen Teil der Nacht verbrachte er mit seinem Stellvertreter Peter Miethe im Arbeitszimmer von Günter Schabowski, von wo aus sie die weitere Entwicklung beobachteten. Dort und in der Führungsstelle der Bezirkseinsatzleitung der SED liefen die aktuellen Lagemeldungen der Grenztruppen, der Staatssicherheit und der Volkspolizei ein. Für Eingriffe in die laufenden Ereignisse war es zu spät. Da die Offiziere an den Grenzübergängen „faktisch aus der Situation heraus eigenverantwortlich handeln mußten und gehandelt haben", so Peter Miethe, sei es mit Erleichterung aufgenommen worden, daß nirgendwo zur Schußwaffe gegriffen wurde. Beruhigend hätten auch die Meldungen von den Übergängen gewirkt, daß die DDR-Bürger wieder zurückkamen und sich schließlich bis zum Morgen hin ein relativ komplikationsloser Ausreise- und Wiedereinreise-Verkehr entwickelt habe. Damit konnte man alle Überlegungen darauf konzentrieren, wie die „normale" Ordnung an der Grenze wiederherzustellen war. [1]
Zur „Beherrschung der unter den gegenwärtigen Bedingungen bestehenden komplizierten sicherheitspolitischen Situation in der DDR und dem sich daraus ergebenden Erfordernis, auf jede weitere Zuspitzung der Lage kurzfristig und angemessen zu reagieren", wurde am Morgen auf Befehl des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates eine „operative Führungsgruppe" gebildet. [2] Mißtrauisch registrierte Fritz Streletz, der den Befehl als Sekretär des NVR ausgearbeitet hatte, daß die in der Partei zuständige ZK-Abteilung Sicherheitsfragen der Führungsgruppe fernblieb. Was sollte das bedeuten? Warum nahm die SED in dieser kritischen Situation nicht ihre Zuständigkeit wahr? War die Partei im Begriff, sich aus der Verantwortung zu stehlen und sie allein den bewaffneten Organen zuzuschieben?
Neben dem Chef des Hauptstabes der Armee gehörten der Führungsgruppe sechs weitere Mitglieder an: der stellvertretende, für die bewaffneten Organe zuständige Staatssicherheitsminister Gerhard Neiber, der stellvertretende Innenminister und Chef des Stabes, Karl-Heinz Wagner, der stellvertretende Außenminister Kurt Nier, der stellvertretende Verteidigungsminister und Chef der Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, der Leiter der ZK-Abteilung Parteiorgane, Heinz Mirtschin, sowie der Leiter des Sekretariats des Ministerrates, Harry Möbis. Aufgabe der „operativen Führungsgruppe" sollte es sein, „Informationen über die Gesamtlage (...) zu sammeln und zu analysieren, ununterbrochen die Lage des Gegners einzuschätzen sowie Schlußfolgerungen bzw. Vorschläge für gesamtstaatliche Führungsentscheidungen vorzubereiten". [3] Als Führungsstelle wurde der kriegssichere Bunker im Keller des MdI bestimmt.
Ab 8.00 Uhr wurde in der Führungsgruppe zunächst analysiert. Der im MfS, im Arbeitsbereich Neibers, erstellte Überblick über die sicherheitspolitische Lage mit Stand von 4.00 Uhr früh faßte zusammen, daß bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt rund 68 000 DDR-Bürger mit 9700 PKW nach West-Berlin ausgereist wären, von denen etwa 45 000 mit 5200 PKW zurückgekehrt wären. An den Übergangsstellen im Bezirk Potsdam nach West-Berlin („Westring") und zur Bundesrepublik („Staatsgrenze West") hätte die Ausreise „ohne entsprechende Grenzübertrittsdokumente" in der Regel „erst gegen 0.00 Uhr" begonnen. 2638 DDR-Bürger wären in die Bundesrepublik gefahren, 278 wieder zurückgekommen; aus dem Berliner Umland hätten 2766 Menschen die Grenzübergänge des „Westringes" nach West-Berlin [4] passiert, von denen bis 4.00 Uhr 543 wieder in die DDR zurückgereist wären. Zusammenfassend hielt die Lageinformation nüchtern und sachlich fest: „Trotz der entstandenen komplizierten Lage kam es nicht zu Zwischenfällen oder Provokationen, vereinzelt sogar zu Sympathiebezeugungen gegenüber uniformierten Kräften." [5]
Welche Maßnahmen sollte der Krisenstab ergreifen? Die Fernsehbilder der Nacht vermitteln den Eindruck, Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Berlinern hätten auf dem Kurfürstendamm ein Volksfest gefeiert.
Die Zahlen des MfS, selbst wenn sie etwas zu niedrig angesetzt waren, belegten zum einen, daß der Reisestrom verhältnismäßig schwach war: Weniger als einhunderttausend Berliner hatten die Mauer zu Fall gebracht. Zum anderen zeigten sie, daß die überwiegende Mehrheit der Reisenden zurückgekehrt war. War der Verlust von etwa 25 000 Menschen nicht ohne weiteres zu verkraften? Sollte die SED-Führung den Versuch wagen, die Grenzübergänge wieder zu schließen, am besten gleich einschließlich der polnischen und tschechoslowakischen Grenze? Schon wegen der Erfahrungen der letzten Wochen schied dieses Unterfangen als unmöglich aus. Und neben den Zehntausenden, die zu diesem Zeitpunkt noch oder bereits wieder zwischen den beiden Stadthälften Berlins und an der innerdeutschen Grenze ohne Visum unterwegs waren, standen seit Mitternacht in fast allen Städten und Ortschaften der DDR Tausende von Menschen in langen Schlangen vor den Paß- und Meldestellen der Volkspolizei, um sich ein Reisevisum abzuholen. [6] Dennoch wäre die Reisebewegung zu diesem Zeitpunkt zweifelsohne mit polizeilichen oder militärischen Mitteln, notfalls auch mit Waffengewalt, zu stoppen gewesen. Aber welche Perspektive blieb der SED nach einer militärischen Intervention gegen das eigene Volk? Nach den Entscheidungen vom 9. und 13. Oktober gegen eine „chinesische Lösung" in Leipzig noch unter Honecker hatte Krenz in seiner Funktion als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates im Vorfeld der Berliner Demonstration vom 4. November die Anwendung von Schußwaffen, selbst bei einem Eindringen von Demonstranten in das Berliner Grenzgebiet, grundsätzlich untersagt [7] – wodurch die Sicherheitskräfte auch in der Nacht vom 9. auf den 10. November wenn nicht entwaffnet, so aber doch bis zur Verkündung eines anderslautenden Befehls auf einen gewaltlosen Einsatz verpflichtet waren. Diese Befehle zurückzunehmen konnte einen Bürgerkrieg auslösen – eine für die SED-Führung selbstmörderische Perspektive.
Gleich zu Beginn der Beratungen der operativen Führungsgruppe, so Harry Möbis, sei erörtert worden, ob die Grenzübergänge wieder geschlossen und der alte Zustand wiederhergestellt werden sollte. Dabei sei auch die Frage „Setzen wir die Armee ein – ja oder nein?" aufgeworfen worden. Der Chef der Grenztruppen habe die Auffassung vertreten, daß nichts zu machen sei. Wenn er rückgängig machen solle, was geschehen sei, müsse er aufmarschieren und schießen lassen, wozu er nicht bereit sei. In der Führungsgruppe sei die Anwendung von Gewalt unisono abgelehnt worden. [8]
Welche Richtungen der Diskussionsprozeß im Krisenstab am frühen Morgen im einzelnen auch immer nahm: Ergebnis war ein zweigleisiges Verfahren. In den ersten Stunden wurde der Versuch unternommen, die Kontrolle über den Reisestrom in Richtung Westen mit zivilen Maßnahmen zurückzugewinnen. Weil viele Bürger noch immer nicht – wie vorgesehen – zu den Meldestellen gingen, sondern ohne Visum an die Grenze marschierten, wurde eine Hase-und-Igel-Technik angewandt, um das ungesetzliche Überschreiten der Staatsgrenze zu unterbinden. Die Volkspolizei jagte an den Bürgern vorbei und errichtete eilends direkt an der Grenze Außenstellen, um auf diese Weise zu versuchen, das ungesetzliche Vorhaben in buchstäblich letzter Sekunde mit einem Visumstempel in eine legale Grenzüberschreitung zu verwandeln. Auch auf einigen Hauptbahnhöfen wurden „zeitweilige Arbeitsgruppen" der Volkspolizei eingesetzt, die versuchen sollten, Visa als Voraussetzung für den Kauf von Fahrkarten in die Bundesrepublik zu erteilen.
Um die Souveränität über die Staatsgrenze wiederzuerlangen, wurde es daneben als unvermeidlich erachtet, schnellstens neue Durchlässe einzurichten; nur auf diese Weise schien es möglich, die Reiseströme auseinanderziehen und verhindern zu können, daß die Mauer allerorten einfach überklettert oder in Selbsthilfe durchbrochen wurde. Vorüberlegungen für die kurzfristige Einrichtung neuer Übergänge hatten DDR-Außenministerium und MfS mit dem West-Berliner Senat im Hinblick auf die ursprünglich für Dezember vorgesehene Inkraftsetzung des Reisegesetzes bereits am 3. November ausgetauscht. Senatsdirigent Gerhard Kunze überreichte seinem Ost-Berliner Verhandlungspartner Walter Müller an diesem Tag ein informelles Papier, das zwei U-Bahn- und neun Straßenverbindungen zwischen Ost- und West-Berlin nannte, die sich aus West-Berliner Sicht als mögliche zusätzliche Übergänge eigneten. [9] Daran wurde am Morgen des 10. November angeknüpft. Alexander Schalck, in dessen Zuständigkeit die Verhandlungen über die Neueröffnung von Grenzübergängen fielen, wurde eingeschaltet, die Grenztruppen, die für den pioniertechnischen Ausbau der Straßen durch den Todesstreifen zuständig waren, hinzugezogen, eine Politbüro- und Ministerrats-Beschlußvorlage erarbeitet und die Öffnung neuer Grenzübergänge noch am späten Nachmittag mit dem West-Berliner Senat abgestimmt und schließlich bekanntgegeben. [10] Mit der Öffnung der Berlin und Potsdam verbindenden und bis dahin den Alliierten und ihrem Agentenaustausch vorbehaltenen Glienicker Brücke für den Reiseverkehr um 18.00 Uhr wurde Entlastung für die an der Autobahn gelegene Kontrollstelle Drewitz-Dreilinden geschaffen; Zehntausende von Bürgern aus Potsdam und dem Umland konnten nunmehr die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Städten für einen Besuch in West-Berlin nutzen.
Eine beruhigende Wirkung versprach sich die operative Führungsgruppe von einem Aufruf an die Bevölkerung, an dessen Ausarbeitung sich auch Wolfgang Herger beteiligte. [11] Darin sollte sich der Ministerrat erstmals zu der neuen Reiseregelung als seinem Beschluß bekennen: „Die Regierung der DDR steht zu ihrem Wort." Es handele sich nicht um eine zeitlich befristete Maßnahme; die Bürger könnten sich vielmehr auf ihre Dauerhaftigkeit verlassen und brauchten „keine übereilten Entschlüsse zu treffen". Die Erklärung hob die Visumpflicht hervor und versprach, daß die Dienststellen des Paß- und Meldewesens auch am bevorstehenden Wochenende geöffnet blieben. Es sei mit der kurzfristigen Öffnung zusätzlicher Grenzübergangsstellen zu rechnen; daneben würden Schritte zur Vereinfachung des Grenzregimes an der Grenze zur Bundesrepublik vorbereitet, die noch im Dezember (sic!) wirksam werden könnten. An die „lieben Bürgerinnen und Bürger" wurde appelliert, durch „besonnenes und verantwortungsbewußtes Verhalten" dazu beizutragen, „daß der grenzüberschreitende Reiseverkehr auf der Grundlage der neuen Regelungen geordnet verläuft, der derzeitige große Andrang bewältigt wird und normale Verhältnisse an den Grenzübergangsstellen eintreten". [12] Doch der erstmaligen Verlesung dieser Erklärung im DDR-Fernsehen durch Innenminister Dickel um 16.30 Uhr gingen noch dramatische Stunden voraus. [13]
Alle zivilen Maßnahmen kamen zu spät und griffen zu langsam, um zu unmittelbar sichtbaren Ergebnissen zu führen und der SED-Führung die Lage beherrschbar erscheinen zu lassen. Am Brandenburger Tor hatten sich auf westlicher Seite bereits seit dem Morgen wieder Tausende versammelt. Die Panzermauer war erneut besetzt, 200 Menschen waren einfach auf Ost-Berliner Gebiet heruntergesprungen, wo sie einer unbewaffneten Postenkette der Grenztruppen gegenüberstanden, die ihnen den Weg durch das Tor nach Ost-Berlin versperrte. Die Erteilung und Kontrolle der Visa an den Übergängen mußte, nur kurz nachdem sie begonnen hatte, wieder eingestellt werden, um den Reiseverkehr flüssig zu halten und den Druck nicht durch lange Wartezeiten und große Menschenzusammenballungen zur Explosion zu bringen. Gegen Mittag drückten Hunderttausende von Menschen auf die Grenzübergänge nach West-Berlin. Darauf, daß sich der jahrelang angestaute Reisedrang friedlich entladen und die Stimmung so fröhlich bleiben würde, daß das MfS am Ende dieses Tages nur einen einzigen Zwischenfall zu verzeichnen haben würde – am Bahnhof Friedrichstraße verletzte ein West-Berliner unter Alkoholeinfluß einen Paßkontrolleur mit Faustschlägen [14] -, konnte die SED-Spitze nicht vertrauen. Zudem hatten die schroffen, fast schon feindseligen Anrufe des sowjetischen Botschafters tiefe Unsicherheit über die zu erwartende Reaktion Moskaus hinterlassen. Ein Fernschreiben von Krenz an Gorbatschow, das gegen 11.00 Uhr nach Moskau gesandt worden sein soll [15], entsprach in keiner Weise der realen Lage an der Grenze, deren Bilder von zahllosen Fernsehsendern direkt in alle Welt übertragen wurden. Die Verunsicherung der SED-Spitze fand ihren Ausdruck darin, daß sich bis zum Abend des 10. November kein Mitglied der neuen SED-Führung durch einen öffentlichen Auftritt im Glanze jenes welthistorischen Ereignisses zu sonnen wagte, mit dessen angeblich beabsichtigter Herbeiführung sich manche im nachhinein zu schmücken suchen.
Als Reaktion auf die „Zuspitzung der Lage" verständigten sich Krenz und Verteidigungsminister Keßler gegen 12.45 Uhr, Truppenteile der Nationalen Volksarmee in „Erhöhte Gefechtsbereitschaft" zu versetzen, womit sie auf ein militärisches Eingreifen vorbereitet waren.
Verteidigungsminister Keßler ließ den Chef des Hauptstabes in den Nebenraum des ZK-Plenarsaales rufen. Dort gab er Streletz den Befehl, die Erhöhte Gefechtsbereitschaft für die in Potsdam stationierte 1. Motorisierte Schützendivision (1. MSD) und das in Lehnin untergebrachte Luftsturmregiment-40 (LStR-40) auszulösen.
Den militärischen Gepflogenheiten hätte es entsprochen, wenn Streletz den Befehl über das eingespielte System der Operativ Diensthabenden (OpD) und des Operativen Führungszentrums (OFüZ) der NVA in Strausberg an den OpD des Kommandos der Landstreitkräfte in Potsdam hätte übermitteln lassen. Der OpD wäre jedoch verpflichtet gewesen, den Befehl als meldepflichtiges Vorkommnis in die Tagesinformationen des Ministeriums aufzunehmen, die allen Stellvertretern des Ministers vorgelegt wurden.
Der Weg, den Streletz wählte, sicherte dagegen größtmögliche Geheimhaltung: Er bat Generaloberst Stechbarth, den Chef der Landstreitkräfte, in den Vorraum des ZK-Plenarsaales, um ihm die erforderlichen Instruktionen persönlich zu erteilen. Stechbarth wiederum gab die entsprechende Weisung telefonisch dem Stabschef der Landstreitkräfte durch. Beide Truppenteile wurden um 13.00 Uhr über das Diensthabenden-System der Landstreitkräfte alarmiert. [16] Streletz übernahm die Aufgabe, Armeegeneral Snetkow, den Oberkommandierenden der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte in der DDR, über die Maßnahmen der NVA in Kenntnis zu setzen.
Quelle: Hans-Hermann Hertle, Chronik des Mauerfalls. Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989, Ch. Links Verlag, Berlin 1999.
[1]
Gespräch d. Vf. mit Peter Miethe, 10. 1. 1995.
[2]
Befehl Nr. 12 / 89 des Vorsitzenden des NVR der DDR über die Bildung einer operativen Führungsgruppe des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 10. 11. 1989, S. 1.
[3]
Ebd., S. 2.
[4]
Es handelte sich um die drei Übergänge Drewitz / Dreilinden, Staaken/ Heerstraße und Stolpe / Heiligensee. Ein „annäherndes Zählen" der West-Berliner Polizei ergab am Übergang Heiligensee von der ersten Einfahrt um 0.45 Uhr bis um 6.00 Uhr früh 272 Kfz mit 756 Personen. Vgl. Direktion 1 / LD 1 (D), Betr.: Dokumentation „Offene Grenze", 9. / 10. 11. 1989 (ARCHIV POLPRÄS BLN / DEZ VB 132).
[5]
Information über die Entwicklung der Lage an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt zu West-Berlin sowie an den Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD, Berlin, 10. 11. 1989, S. 1 (BStU, ZA, MfSArbeitsbereich Neiber Nr. 553, Bl. 30).
[6]
Der Ansturm auf die Paß- und Meldeämter der Volkspolizei noch in der Nacht war so heftig, daß beispielweise die BDVP in Potsdam bereits um 1.00 Uhr mit der Ausgabe von Visa begann, das VPKA Leipzig um 2.00 Uhr nachts und das VP-Revier Mitte in Erfurt um 6.00 Uhr öffnete (Leipziger Volkszeitung, 11. / 12. 11. 1989; Neues Deutschland, 11. / 12. 11. 1989).
[7]
Vgl. die Befehle Nr. 10 und 11 / 89 des Vorsitzenden des NVR der DDR über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Hauptstadt der DDR, Berlin, vom 1. und 3. 11. 1989 (BA / P, MZA, VA 01 / 39592, Bl. 269 – 276).
[8]
Gespräche d. Vf. mit Harry Möbis, 18. 8. 1992 und 11. 7. 1994. – Auch Wolfgang Herger berichtet, daß der Gedanke, ob militärisch etwas zu machen sei, zur Diskussion gestellt, aber umgehend verworfen worden sei (Gespräch d. Vf. mit Wolfgang Herger, 24. 11. 1994).
[9]
Als neu einzurichtende Straßenübergänge schlug der Senat am 3. November vor: Brunnenstraße, Schlesische Straße, Dammweg, Potsdamer Platz, Brandenburger Tor, Kirchhainer Damm, Ostpreußendamm, Glienicker Brücke und Falkenseer Chaussee. Vgl. (MfAA-) / Abteilung Westberlin, Bericht über die Unterredung des Genossen Walter Müller mit dem Beauftragten des Senats von Berlin (West), Senatsdirigent Gerhard Kunze, am 3. 11. 1989, Berlin, 3. 11. 1989 (BStU, ZA, MfSSdM Nr. 255, Bl. 106 – 114).
[10]
Vgl. Fernschreiben Nr. 512 des Ministers des Innern an die Chefs der BdVP, 10. 11. 1989, Unterschrifts-Uhrzeit: 18.25 Uhr, Eingangsquittierung: 19.47 Uhr (BA / P, MdI 54462). Bis zum 14. November wurden in Berlin sechs GÜST neu eröffnet: Jannowitzbrücke (11. 11., 8.00 Uhr), Eberswalder Str. (11. 11., 8.00 Uhr), Puschkinallee (11. 11., 13.00 Uhr), Potsdamer Platz (12. 11., 8.00 Uhr), Wollankstraße (13. 11., 8.00 Uhr), Stubenrauchstr. (14. 11., 8.00 Uhr). Hinzu kamen vier GÜST in Potsdam: Glienicker Brücke (10. 11., 18.00 Uhr), Mahlow (10. 11., 8.00 Uhr, erweitert für Kfz), Falkenseer Chaussee (13. 11., 18.00 Uhr), Teltow (14. 11., 8.00 Uhr, Philipp-Müller-Allee, heute Lichterfelder Allee). –Sowohl die Öffnung der GÜST als auch die Einrichtung der Außenstellen der Volkspolizei an den Grenzübergängen wurde nachmittags auf einer Sondersitzung des amtierenden Ministerrates von 15.00 Uhr bis 15.55 Uhr nachbeschlossen (vgl. Protokoll der 115. Sitzung des Ministerrates am 10. 11. 1989, in: BArch / P C-20 I / 3-2867, Bl. 2 und 4 f.).
[11]
Vgl. Gespräch d. Vf. mit Wolfgang Herger, 5. 3. 1992.
[12]
Erklärung des Ministers vor der „Aktuellen Kamera" am 10. 11. 1989, 16.30 Uhr (BA / P, MdI 54462). Die Erklärung wurde am 11. 11. 1989 im „Neuen Deutschland" abgedruckt (vgl. Innenminister Friedrich Dickel zu den neuen Reiseregelungen, in: Neues Deutschland, 11. 11. 1989, S. 1).
[13]
Als Innenminister Dickel um 16.30 Uhr im DDR-Fernsehen auftrat und verkündete: „Die Regierung der DDR steht zu ihrem Wort", tat dies mit ihm ein Vertreter der SED-Führung, dessen politisches Wort als Minister und Mitglied des Zentralkomitees zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gewicht hatte und praktisch nichts mehr galt: Dickel war nicht nur bereits am 7. November mit der Regierung Stoph zurückgetreten, sondern hatte Krenz noch während der ZK-Tagung sein Rücktrittsschreiben sowohl aus dem Zentralkomitee als auch als amtierender Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei ausgehändigt. Vgl. das Rücktrittsschreiben von Dickel an Krenz, 10. 11. 1989 (SAPMO-BArch, ZPA-SED, IV 2 / 1 / 713, Bl. 20).
[14]
Information über die Entwicklung der Lage an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt zu West-Berlin sowie an den Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD und zu West-Berlin, Berlin, 11. 11. 1989, S. 2 (BStU, ZA, MfS-Arbeitsbereich Neiber 553, Bl. 42).
[15]
Siehe dazu weiter unten.
[16]
Das Dienstbuch des Operativ-Diensthabenden im Kommando der Landstreitkräfte (LaSK) enthält am 10. 11. 1989 folgenden Eintrag: „13.00 / pers.: O. (= Oberst) Hienzsch: durch CHS (=Chef des Hauptstabes, Streletz) wurde f. d. 1. MSD u. das LStR-40 'EG' ausgelöst. 13.35 / tlf.: OpD KMB-V (=Kommando des Militärbezirks V): 13.00 Ausl. 'EG' 1. MSD a. (=auf) Wsg. (=Weisung) CSLASK (=Chef des Stabes der Landstreitkräfte, Generalleutnant Skerra)." (Erläuterungen in Klammern durch d. Vf.) Siehe: Kommando LaSK / Operativ, Dienstbuch des OpD vom 21. 10. 89 bis 1. 12. 89 (BArch / P, MZA VA-10-25899, Bl. 32).