„Unsere Staatsgrenze ist unantastbar – Feierliche Erklärung einer Einheit der Deutschen Grenzpolizei", Märkische Volkszeitung, 6. September 1961
"Unsere Staatsgrenze ist unantastbar – Feierliche Erklärung einer Einheit der Deutschen Grenzpolizei", Märkische Volkszeitung, 6. September 1961Feierliche Erklärung einer Einheit der Deutschen Grenzpolizei:
UNSERE STAATSGRENZE IST UNANTASTBAR
An die
Fa. Brandt, Stumm u. Lemmer
(Anheizer der Frontstadtstimmung)
zur Zeit noch Westberlin
Ehren- und wertlose Herren!
Augenscheinlich haben Sie seit dem 13. August wenigstens begriffen, daß man die bewaffneten Verteidiger unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht höher einzuschätzen hat als Ihre Acht-Groschen-Jungen. Die halten Sie vorerst noch mit einem Tagessatz von 8 schmutzigen Westmark bei der wackligen Stange. (Nach dem bei Ihnen geltenden Gesetz von Angebot und Nachfrage scheinen die Ganoven knapper zu werden, die Ihnen noch folgen.) Für einen von uns aber wollen Sie sogar 10 000 DM aufwenden. Sie haben also begriffen, daß einer von uns mehr wert ist als Ihre ganze Ganoven-Bande zusammen. Nur eines scheinen Sie immer wieder zu vergessen, obwohl Sie es oft genug gemerkt haben: An unserer Staatsgrenze ist nicht nur die Macht Ihres Geldes zu Ende.
Mag bei Ihnen vorläufig noch alles käuflich sein - Posten, Einfluß, Ganoven, Frauen und Ehre -, das Denken der Bürger unseres Staates bestimmen andere Werte als das goldene Kalb, um das Sie Ihren hektischen Tanz vollführen. Ein Sohn des ersten deutschen Friedensstaates verkauft für keinen Preis seine Ehre. Er läßt sich durch keine Lockung wie Sie zum Verräter an seiner Nation und zum Lumpen machen. Hängen Sie deshalb Ihre Plakate getrost an jene Oertchen der Schöneberger Bürgermeisterei, wo sie noch einen nützlichen Zweck erfüllen. Seit unserem 13. August haben Sie ohnehin die Hosen voll.
Wem die Hosen voll sind, dem geht der Mund über, muß man bei Ihnen wohl sagen. Warum sonst reden Sie soviel davon, daß Sie an die Unantastbarkeit der Menschenwürde glauben, wenn Sie Ihre gescheiterte Frontstadtpolitik verteidigen? Was Sie von der Menschenwürde halten, hat doch Ihr Knüppelgardeninspektor Zunker schon damals am Anhalter Bahnhof demonstriert, als er den Eisenbahner Ernst Kamieth erschlug. Was Sie unter Menschenwürde verstehen, bewiesen die Kindesräuber und Menschenhändler, die Sie in Westberlin unter Ihre hütenden Fittiche genommen haben. Bis heute wartet die Familie Bluhme in Cottbus vergeblich auf ihren geraubten Sohn Peter. Bis heute hat die Familie Heintz im Bezirk Neubrandenburg ihre über Westberlin entführte Tochter Sylvia nicht zurück. Sie sagen Unantastbarkeit der Menschenwürde und meinen die Unantastbarkeit von Kindesräubern, Mördern und Banditen, die bei uns ausgespielt haben. Eine tolle Würde!
Sie reden von Freiheit und Jammern über den von den Grenzkontrollorganen der DDR Im Teltow-Kanal erschossenen Verbrecher, der ungeachtet aller Warnrufe und -schüsse unsere Grenze verletzte und sich der verdienten Strafe entziehen wollte.
Als ob es einen Staat in der Welt gibt, dessen Grenzwachen einem flüchtigen Banditen auch noch Blumen hinterherwerfen. Nur in Ihrer Frontstadt wird ein solches Subjekt zum Helden und Märtyrer gestempelt. Sie wählen sich eben die Helden, die Ihres Regimes würdig sind. Uns beweisen Sie damit nur, daß Sie mit der Freiheit, von der Sie immerfort reden, nichts anderes meinen als die Freiheit für Ihre Agenten, ungestraft unsere Gesetze zu brechen und ungeschoren unsere Grenzen zu verletzen, um den Bürgerkrieg in Deutschland vorzubereiten. Auf diese Art von Freiheit können Sie bei uns lange Warten! Durch diese Rechnung haben wir am 13. August einen dicken Strich gemacht. Wir schützen zuverlässig die Grenze unseres Staates. Wir lassen keinen Zweifel daran: Wer die Staatsgrenze unserer Deutschen Demokratischen Republik antastet, läßt Haare, Zähne oder das Leben. Dazu haben wir Waffen und scharfe Munition. Und wir wissen zu unterscheiden, wen wir damit schützen und wen wir mit ihnen zu vernichten haben.
Sie glauben an die Freiheit und an die Unantastbarkeit der Menschenwürde, sagen Sie. Glauben Sie endlich an die Unanfaßbarkeit unseres Stacheldrahtes, das würde weitere sinnlose Opfer Ihrer bankrotten Frontstadtpolitik ersparen. Geben Sie den sinnlosen Versuch auf, uns mit offen betriebener Mordhetze einschüchtern zu wollen. Lassen Sie sich gesagt sein: Wer sich wie Sie mit Mördern und Verbrechern, mit seinesgleichen verbindet, wird dadurch nicht besser, daß er die Wahrer des Rechts Mörder und Verbrecher schimpft und mit Mord bedroht. Einen Sohn der Arbeiter-und-Bauern-Macht können Sie nicht schrecken. Im Gegenteil: Zum gegebenen Zeitpunkt werden Sie nicht nur für diese Mordhetze, sondern auch für Ihren jetzt noch hochdotierten Verrat an unserer Nation zur Verantwortung gezogen werden. Dem Sozialismus können Sie nicht davonlaufen. Er wird Sie überall einholen.
Ihre Zeit Ist um. Ihre Uhr ist abgelaufen. Sie werden das Ende der Frontstadt weder mit Ihren 10 000 D-Mark noch mit Morddrohungen aufhalten können. Dafür wetten wir gut und gern 20 000 saubere deutsche Mark der Deutschen Notenbank. Nur werden wir keinen mehr finden, der auch nur eine Mark für Ihre verlorene Sache einzubüßen bereit ist.
Mit dieser vorzüglichen Wertschätzung Ihrer Frontstadtpolitik verbleiben auf der richtigen Seite des Stacheldrahtes
die Genossen einer Einheit der Deutschen Grenzpolizei an der Staatsgrenze der DDR nach Westberlin im Raum Teltow-Klein Machnow
Quelle: Märkische Volkszeitung, 6.9.1961.