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Information über den Inhalt eines Telefongesprächs zwischen Michail Gorbatschow und Helmut Kohl am, 11. November 1989

Information über den Inhalt eines Telefongesprächs zwischen KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow und Bundeskanzler Helmut Kohl am 11. November 1989

[Erläuterung: Das Dokument ist eine Information der sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin an den Generalsekretär der SED, Egon Krenz. - Horst Teltschik zufolge kam das Telefonat zwischen Kohl und Gorbatschow am 11. November 1989 um 12.00 Uhr zustande (vgl. Teltschik 1991, S. 27/28).]

Abschrift

13.11.1989
4 Ex.

Information
über den Inhalt des Telefongesprächs zwischen Michail Gorbatschow und Helmut Kohl





Das Gespräch fand am 11. November auf Initiative des Bundeskanzlers statt. Der Kanzler erklärte, daß er auf die mündliche Botschaft Michail Gorbatschows antworten wolle, die ihm am Vortage vor Beginn des Meetings in Berlin (West) übergeben wurde.

Helmut Kohl stellte fest, in der BRD begrüße man den Beginn der Reformen in der DDR und wünsche, daß sie in einer ruhigen Atmosphäre durchgeführt werden. Er sagte: „Ich lehne jegliche Radikalisierung ab und wünsche keine Destabilisierung der Lage in der DDR."

Der Kanzler gab zu, daß die Mehrheit der Bürger der DDR, die in den letzten Tagen die Grenze zur BRD überschritten haben, dort nicht für ständig bleiben wollen. Dabei versicherte er, daß die Führung der BRD dies auch nicht anstrebe. Nach seinen Worten wäre eine Massenumsiedlung in die BRD eine absurde Entwicklung. „Wir wollen, daß die Deutschen bei sich zu Hause ihre Zukunft bauen." Kohl teilte mit, daß er sich auf eine Begegnung mit Krenz Ende November vorbereitet. Dabei bemerkte er, daß die neue Führung der DDR unter den gegenwärtigen Bedingungen die Reformen im Lande dynamisch realisieren sollte.

Zu den gegenwärtigen tiefgreifenden Veränderungen in der Welt betonte Michail Gorbatschow, daß diese in verschiedenen Ländern natürlich unterschiedlich verlaufen und sich nach Formen und Tiefe unterscheiden können. Dabei ist es jedoch erforderlich, daß die Stabilität erhalten bleibt und alle Seiten ausgewogen handeln.

Insgesamt verbessert sich die Basis für die gegenseitige Verständigung. Wir kommen einander näher, und das ist sehr wichtig.

Was die DDR betrifft, so hat ihre gegenwärtige Führung ein weitreichendes Programm. Alle diese Fragen müssen jedoch sorgfältig durchgearbeitet werden, und dafür braucht man Zeit.

Ich verstehe, daß gegenwärtig alle Europäer, und nicht nur sie, die Ereignisse in der DDR verfolgen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt in der Weltpolitik. Tatsache ist aber auch, daß die BRD und die Sowjetunion sowohl aus historischen Gründen als auch wegen des Charakters ihrer gegenwärtigen Beziehungen ein größeres Interesse an dieser Entwicklung haben.

Natürlich ist jede Veränderung mit einer bestimmten Instabilität verbunden. Wenn ich also von Aufrechterhaltung der Stabilität spreche, meine ich, daß alle Seiten ihre gegenseitigen Schritte sehr genau durchdenken sollten.

Ich glaube, Herr Bundeskanzler, gegenwärtig erleben wir eine historische Wende zu anderen Beziehungen und zu einer anderen Welt. Wir sollten nicht zulassen, daß dieser Wende durch ungeschickte Aktionen Schaden zugefügt wird. Auf keinen Fall sollte die Entwicklung durch ein Forcieren der Ereignisse in eine unvorhersehbare Richtung, ins Chaos gelenkt werden. Das wäre in keiner Hinsicht wünschenswert.

Deshalb nehme ich sehr ernst, was Sie mir in unserem Gespräch gesagt haben. Und ich hoffe, daß Sie Ihre Autorität, Ihr politisches Gewicht und Ihren Einfluß nutzen werden, um auch andere in dem Rahmen zu halten, die der Zeit und ihren Erfordernissen entspricht. Kohl stimmte den Ausführungen Michail Gorbatschows zu. Nach seinen Worten sei diese Frage auf der Sitzung der Regierung der BRD in diesem Sinne erörtert worden.

Der Kanzler betonte sein Interesse, die Kontakte weiterzuführen, darunter auch im Zusammenhang mit der DDR.

Quelle: SAPMO-BA, DY 30/IV 2/2.039/319, Bl. 17-19.
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