Der Gedenkort für Peter Fechter
Peter Fechter ist eines der bekanntesten Opfer der Berliner Mauer. DDR-Grenzsoldaten erschossen den 18-Jährigen bei seinem Versuch, nach West-Berlin zu fliehen. Heute erinnert eine Gedenksäule in Berlin-Mitte, 200 Meter entfernt vom ehemaligen Checkpoint Charlie, an seinen Tod. Sie ist das Ergebnis eines langjährigen erinnerungskulturellen Engagements.von Christine Bader und Merle Kluge
Die Stahlsäule und vorgelagerte Granitplatte zum Gedenken an Peter Fechter in der Zimmerstraße in Berlin-Mitte, 09.01.2022 (Foto: Merle Kluge, CC BY 4.0)
Am 17. August 1962 versuchten die beiden 18-jährigen Arbeitskollegen Peter Fechter und Helmut Kulbeik über die Mauer in Richtung West-Berlin zu fliehen. Dabei wurden sie von DDR-Grenzsoldaten beschossen. Während Kulbeik unverletzt die Mauer überwinden konnte, wurde Fechter von den Kugeln getroffen. 50 Minuten lang lag er schwer verletzt im Grenzstreifen am Fuße der Mauer, ohne dass die DDR-Grenzsoldaten Hilfe leisteten. Auf beiden Seiten der Mauer gab es Augenzeug:innen. Trotz ihrer lautstarken Aufforderung stiegen weder die West-Berliner Polizisten, noch die Posten der Westalliierten am nahegelegenen Checkpoint Charlie über die Mauer, um dem verblutenden Fechter zu helfen. Der Grund war die angespannte politische Lage: Die Panzerkonfrontation lag erst zehn Monate zurück und sie befürchteten, einen militärischen Konflikt auszulösen. Es liegt nahe, dass die Soldaten auf beiden Seiten der Mauer Angst hatten, beschossen zu werden. Zudem durften die DDR-Grenzsoldaten den Grenzstreifen nicht ohne den Befehl eines diensthabenden Offiziers betreten. Jedoch erreichte der zuständige DDR-Offizier den Tatort erst eine halbe Stunde, nachdem die Schüsse gefallen waren.
Die West-Berliner Öffentlichkeit beklagte die Unmenschlichkeit des DDR-Grenzregimes. Schon einige Stunden nach dem Tod von Peter Fechter kam es zu massiven und anhaltenden Protesten seitens der West-Berliner:innen. Einige von ihnen legten Blumen und Kränze für den Verstorbenen an der Mauer nieder. Dieter Beilig stellte ein Holzkreuz so nah wie möglich an der Mauer auf. Die Aufschrift „Wir klagen an“ zeigte zur Seite der DDR. Beilig war ein West-Berliner Aktivist gegen die Berliner Mauer, gründete später die Peter-Fechter-Memorial-Bewegung und wurde 1971 in Ost-Berlin verhaftet und erschossen. Der Erinnerungsort für Fechter veränderte sich im Laufe der Zeit. Das von Beilig aufgestellte Kreuz wurde durch ein anderes Holzkreuz ersetzt. Zivilgesellschaftliche Akteur:innen regten den Ausbau und die Instandhaltung des Mahnmals an, sodass es zu einem festen Gedenkort wurde. Politiker:innen aus dem In- und Ausland, Vertreter:innen von Initiativen und Tourist:innen besuchten das Holzkreuz.

Die Inschrift auf der zum Gehweg gerichteten Rückseite der Gedenksäule, 09.01.2022 (Foto: Merle Kluge, CC BY 4.0)
Biedermann hatte gehofft, dass die Gestaltung des Denkmals aus Säule und Platte auch zum Gedenken an weitere Opfer der Berliner Mauer an anderen Stellen in der Stadt übernommen werden könnte. Dies wurde nicht umgesetzt. Jedoch war das Denkmal Biedermanns weder das erste noch das einzige Erinnerungszeichen für ein Maueropfer. Insbesondere zivilgesellschaftliche Gruppen setzten sich bereits seit dem Tod der ersten Maueropfer für die Installation von Gedenkorten ein. Denkmäler für weitere Todesopfer sind zum Beispiel die weißen Kreuze am Friedrich-Ebert-Platz und das ‚Fenster des Gedenkens‘ auf dem Außengelände der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.
Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 4.0" veröffentlicht. Sie dürfen den Text unter Nennung der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 und der Autoren/-innen teilen. Urheberrechtliche Angaben zu den Bildern finden sich direkt bei den Abbildungen.