Die Leuchtkasten-Installation von Frank Thiel am Checkpoint Charlie
Erinnerung an eine geteilte Stadt
Für zahlreiche Berliner:innen und Tourist:innen ist der Checkpoint Charlie eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. Der Ort erinnert an das geteilte Berlin während des Kalten Krieges und an die Panzerkonfrontation vom 27. Oktober 1961, bei der sich sowjetische und amerikanische Panzer am Kontrollpunkt auf der Friedrichstraße/Zimmerstraße gegenüberstanden. Heute befindet sich dort die Leuchtkasten-Installation von Frank Thiel. Sie macht auf die militärische Präsenz der Alliierten in Berlin aufmerksam und verleiht den damals stationierten Soldaten ein Gesicht.von Claudia Botor und Lene SchargitzDie fast sechs Meter hohe Konstruktion zeigt zwei überlebensgroße Portraits junger Soldaten der jeweiligen Schutzmächte des Jahres 1994. Zum Ostteil der Stadt ausgerichtet, ist ein amerikanischer Soldat zu sehen. Der sowjetische Soldat, der bereits die Ausgehuniform der russischen Föderation trägt, blickt auf das ehemalige Gebiet von West-Berlin. Die Wahl zweier alliierter Soldaten verweist auf den Vier-Mächte-Status der Stadt – und weniger auf den Alltag am Checkpoint Charlie. So waren auf West-Berliner Seite zwar tatsächlich amerikanische Soldaten am Kontrollpunkt stationiert. An der gegenüberliegenden Grenzübergangsstelle der DDR standen jedoch keine sowjetischen Soldaten, sondern Mitarbeiter der Stasi und des Zolls.
Aufgenommen wurden die Bilder von dem in Kleinmachnow geborenen Künstler und Fotografen Frank Thiel. Für ein Fotoprojekt hatte er junge Soldaten vor ihrem Abzug 1994 mit seiner Kamera festgehalten. Im Zuge des künstlerischen Wettbewerbs „Übergänge“ des Berliner Senats reichte der Künstler 1996 einen Entwurf der Installation ein. Thiels Leuchtkasten wurde 1998 vom Senat am Checkpoint Charlie realisiert. Später folgte die Nachbildung der Kontrollbaracke und des Sektorenschilds am Checkpoint Charlie, der in den folgenden Jahren weiter zu einem Erinnerungsort ausgebaut wurde. Für den Künstler Thiel soll die Installation als bildliche Übersetzung der Sektorenschilder dienen, welche die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin kennzeichneten.
Warum ausgerechnet diese zwei Männer für den Leuchtkasten ausgewählt wurden, ist nicht bekannt. Ebenso sind bisher keine weiteren Informationen über den russischen Soldaten zu finden. Der amerikanische Soldat, Jeffrey Harper, kam 1989 als Tubaspieler der 298. Army Band, dem Militärorchester der Berlin Brigade, nach Berlin. Bis zum Rückzug der alliierten Truppen 1994 war er in Deutschland stationiert, jedoch nie am Checkpoint Charlie. Er erfuhr selbst erst 1999 bei einem Besuch in Berlin von der Nutzung seines Fotos.
Sowohl Jeffrey Harper als auch Frank Thiel wünschen sich eine angemessene, authentischere Repräsentation und warnen vor der Umgestaltung des Ortes für kommerzielle und touristische Zwecke. Historiker:innen, aber auch das Land Berlin und weitere Initiativen sind bemüht, den Checkpoint Charlie als Gedenkort weiterzuentwickeln und seine Geschichte für jede:n erfahrbar zu machen.
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